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Glücksspiel in Deutschland 2024 – Ein Rückblick
2024 war ein Jahr voller Herausforderungen, regulatorischer Anpassungen und kontroverser Diskussionen rund um den deutschen Glücksspielmarkt und markiert einen wichtigen Wendepunkt für die deutsche Glücksspielbranche.
Während die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) ihre regulatorischen Maßnahmen weiter verschärfte und versuchte, den Schwarzmarkt einzudämmen, kämpften lizenzierte Anbieter mit stagnierenden Lizenzvergaben, drastischen Umsatzrückgängen und verschärften Wettbewerbsbedingungen.
Gleichzeitig rückten neue Themen wie die Regulierung von Lootboxen, das erste legale Online-Casino in Bayern und die kontroverse Diskussion um die Entkriminalisierung illegalen Glücksspiels in den Fokus.
Ein weiteres Highlight war die erstmalige Vergabe von Online-Casino-Lizenzen in Schleswig-Holstein, während gleichzeitig das Schufa-G-Verfahren zur Bonitätsprüfung von Spielern juristisch gekippt wurde.
Dieser Rückblick beleuchtet die zentralen Entwicklungen, Herausforderungen und Erfolge der Glücksspielregulierung in Deutschland im Jahr 2024.
Stillstand bei der Lizenzvergabe: Die GGL im Fokus
Der legale Online-Glücksspielmarkt in Deutschland steht vor erheblichen Herausforderungen. Die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) kämpft mit Verzögerungen bei der Erteilung von Lizenzen für Online-Glücksspielangebote.
Seit Juli 2023 bis Anfang 2024 wurden lediglich zwei neue Erlaubnisse für virtuelle Automatenspiele und drei für Online-Sportwetten erteilt. Neue Anbieter für Online-Poker blieben seit einem Jahr komplett aus.
Hauptursache für diesen Stillstand sind Hindernisse bei der Spieleprüfung. Anbieter sind verpflichtet, eine voll funktionsfähige Testumgebung bereitzustellen, die der GGL umfassende Einblicke ermöglicht.
Doch die meisten Antragsteller erfüllen diese Anforderungen nicht, was zur Ablehnung zahlreicher Anträge führte. Die GGL plant daher ein Webinar, um Antragstellern zu verdeutlichen, wie vollständige und bewilligungsfähige Anträge gestellt werden können.
Drastischer Umsatzrückgang im legalen Glücksspielmarkt
Der wirtschaftliche Rückgang im legalen Glücksspielmarkt war 2023 nicht zu übersehen. Während die Anzahl der zugelassenen Anbieter kaum wuchs, brachen die Umsätze in mehreren Bereichen signifikant ein:
Online-Sportwetten: -5,2 %
Online-Poker: -7,5 %
Virtuelles Automatenspiel: -38 %
Die stabilen Steuersätze auf Bruttospielerträge lassen klare Rückschlüsse auf die tatsächlichen Umsatzverluste zu. Dieser Rückgang sorgt für Alarmstimmung bei Verbänden und Branchenexperten, die vor einem weiteren Abwandern der Spieler in den Schwarzmarkt warnen.
Der Schwarzmarkt boomt: Warum Spieler abwandern
Laut dem Deutschen Online Casinoverband (DOCV) und dem Deutschen Sportwettenverband (DSWV) ist der Schwarzmarkt der Hauptprofiteur der aktuellen Lage. Spieler weichen zunehmend auf nicht lizenzierte Anbieter aus, die attraktivere Angebote und weniger Restriktionen bieten.
Ein wesentlicher Kritikpunkt der Verbände: Die GGL setzt bei der Regulierung den „restriktivsten Ansatz” durch, ohne bestehende Spielräume auszunutzen. Zum Vergleich: In Großbritannien ist das legale Sportwetten-Angebot etwa siebenmal größer als in Deutschland.
Die GGL weist solche Vergleiche zurück und betont, dass erlaubte Glücksspielanbieter von der bestehenden Rechtssicherheit profitieren würden. Dennoch bleibt die zentrale Frage bestehen, wie sich das legale Angebot wettbewerbsfähiger gestalten lässt.
Lootboxen: Die Debatte um Glücksspiel in Videospielen
Ein weiteres kontroverses Thema des Jahres 2024 war die Regulierung von Lootboxen. Die GGL intensivierte ihre Bemühungen, diese Ingame-Mechanismen rechtlich einzuordnen und zu regulieren.
In einem Expertenworkshop am 28. Februar 2024 diskutierten Fachleute über die Frage, ob Lootboxen als Glücksspiel einzustufen sind. Die Meinungen dazu gehen auseinander:
Lootboxen sind kein Glücksspiel.
Lootboxen können Glücksspiel darstellen.
Lootboxen stellen regelmäßig Glücksspiel dar.
WestLotto gehört zu den Vorreitern bei der Forderung nach einer klaren Regulierung. Auch der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor den potenziellen Gefahren von Lootboxen stand im Mittelpunkt der Diskussionen.
Lichtblick in Bayern: Das erste legale Online-Casino
Im März 2024 ging in Bayern das erste legale Online-Casino Deutschlands live. Spieler mit Wohnsitz im Freistaat können nun Spiele wie Roulette, Blackjack und Casino-Hold’em online genießen.
- Einsätze beginnen bei 0,10 € (Blackjack) und 0,20 € (Roulette).
- Höchsteinsätze: 100 € (Blackjack) und 3.000 € (Roulette).
- Das Angebot bleibt auf Spieler mit Wohnsitz in Bayern beschränkt.
Dieses Modell verdeutlicht, dass die Lizenzierung von Online-Casinos in Deutschland auf Länderebene erfolgt und stark reguliert bleibt.
Glücksspiel-Survey 2023: Methodik und Kritik
Der Glücksspiel-Survey 2023 sorgte erneut für hitzige Diskussionen. Die Studie verzeichnete eine gestiegene Teilnahme am Glücksspiel:
- Gesamtbeteiligung: 36,5 % (2021: 29,7 %)
- Wöchentliche Teilnahme: 12,2 %
- Spielsuchtquote: 2,4 % (2021: 2,3 %)
Verbände und Experten kritisieren jedoch die Methodik der Studie. Die Statistikerin Katharina Schüller bemängelte erneut die mangelnde Transparenz und die fehlende Repräsentativität der Ergebnisse. Trotz dieser Kritik blieb die Methodik unverändert.
Google verschärft Regeln für Glücksspielwerbung
Ab November 2024 dürfen nur noch lizenzierte Glücksspielanbieter Werbung über Google Ads schalten. Die GGL begrüßt diese Regelung und betont, dass sie bereits Wirkung zeigt: Anzeigen für illegale Anbieter sind seit der Umstellung deutlich zurückgegangen.
Dennoch bleibt Optimierungsbedarf bestehen, und die GGL plant eine weitere Intensivierung der Zusammenarbeit mit Google.
Widerstand gegen die Entkriminalisierung von illegalem Glücksspiel
Der Vorstoß von Bundesjustizminister Marco Buschmann zur Herabstufung von illegalem Glücksspiel von einer Straftat zu einer Ordnungswidrigkeit stieß auf heftige Kritik:
- Deutsche Automatenwirtschaft (DAW)
- Deutscher Richterbund (DRB)
- Bundesdrogenbeauftragter Burkhard Blienert
- Gewerkschaft der Polizei (GdP)
Kritiker warnen vor einer Zunahme der organisierten Kriminalität und betonen, dass die Strafverfolgung ein essenzielles Werkzeug zur Bekämpfung des Schwarzmarkts sei.
Schleswig-Holstein: Ein Meilenstein bei der Casino-Lizenzierung
Schleswig-Holstein vergab 2024 erstmals vier Lizenzen an private Anbieter für Online-Casinospiele: BluBet Operations Limited, Cashpoint Limited, Skill On Net Limited und Tipico Karlsruhe Limited.
Angebot umfasst klassische Casinospiele wie Roulette, Blackjack und Baccarat.
Zugang nur für Einwohner Schleswig-Holsteins.
Ziel: Spieler auf legale Plattformen lenken und Suchtprävention fördern.
Diese regional begrenzte Lösung zeigt, wie unterschiedlich die Bundesländer mit den Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrags umgehen können.
Das Schufa-Urteil: Neue Herausforderungen für die GGL
Das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt erklärte das Schufa-G-Verfahren zur Bonitätsprüfung für ungeeignet.
Das Verfahren liefert Informationen zur Kreditwürdigkeit, nicht zur tatsächlichen finanziellen Leistungsfähigkeit.
Datenschützer kritisieren das Verfahren außerdem als zu invasiv. Die GGL steht nun vor der Herausforderung, Alternativen zu entwickeln.
Angedacht sind die direkte Einsicht in Kontodaten oder individuelle Nachweise der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.
Dies wird ein zentrales Thema im den kommenden Jahr 2025 sein.
Fazit und Ausblick: Ein Jahr voller Herausforderungen
2024 war ein Jahr der regulatorischen Anpassungen, der Konflikte zwischen Anbietern und Behörden sowie der wachsenden Bedrohung durch den Schwarzmarkt. Die GGL blickt auf Erfolge bei der Schwarzmarktbekämpfung zurück, doch die Herausforderungen bleiben groß.
Die nächsten Jahre werden zeigen, ob die Maßnahmen greifen und ob der legale Markt attraktiver gestaltet werden kann, um Spieler dauerhaft im regulierten Bereich zu halten.