Politische Debatte: Werbeverbot für Glücksspiel nicht zielführend

Die Debatte um ein Werbeverbot für Glücksspiel: Erfahre hier, welche Auswirkungen ein Verbot auf den Spielerschutz und den Sport selbst haben könnte.

Benjamin Dziersk Datum: Lesedauer: min.
zuletzt aktualisiert: 31.05.2023

Politische Debatte: Werbeverbot für Glücksspiel nicht zielführend

Die Debatte um ein Werbeverbot für Glücksspiel: Erfahre hier, welche Auswirkungen ein Verbot auf den Spielerschutz und den Sport selbst haben könnte.

Inhaltsverzeichnis

    Streitpunkt Glücksspiel: Wie sinnvoll wäre ein Werbeverbot für den Spielerschutz wirklich?

    Im Vorfeld der Fußball-Europameisterschaft im kommenden Jahr in Deutschland wird die Diskussion um ein Werbeverbot für Glücksspiele immer intensiver geführt. Eine prominente Stimme, die ein solches Verbot fordert, ist der Sucht- und Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert.

    Blienert verweist auf den Wunsch der Bevölkerung nach einem Ende der Alkohol- und Tabakwerbung sowie des Sponsorings von Sportwettenanbietern im Fußball. Seine Forderungen stoßen jedoch auf Widerspruch, da Gegner argumentieren, dass ein Werbeverbot negative Auswirkungen auf das legale Glücksspiel und den Sport haben könnte.

    Die Diskussion umfasst dabei sowohl Aspekte des Spielerschutzes als auch wirtschaftliche Überlegungen. Fraglich ist, ob ein generelles Werbeverbot für Glücksspiele in Zukunft sinnvoll und umsetzbar wäre. Wir haben die Standpunkte beider Seiten zusammengefasst.

    Burkhard Blienert: Die Forderung nach einem umfassenden Werbeverbot

    Burkhard Blienert setzt sich nachdrücklich für ein faktisches Werbeverbot sowohl für Alkohol und Tabak als auch für legale Glücksspielangebote ein. Mit Blick auf die Glücksspielwerbung erklärte Blienert zum Auftakt seiner neuen Veranstaltungsreihe „Debatte (ge)SUCHT“:

    „[…] Die große Mehrheit der Bevölkerung will keine Alkoholwerbung mehr, sie fordert einen Stopp jeden Sponsorings für Tabakprodukte oder durch Sportwettenanbieter beim Fußball. Das darf die Politik doch nicht länger ignorieren.“

    Er verweist dabei auf eine von ihm durchgeführte Studie, in der sich zwei Drittel der Befragten für ein Verbot des Sponsorings von Sportwetten und Alkohol im Fußball aussprachen und drei Viertel ein komplettes Werbeverbot für Tabakprodukte forderten.

    Blienert begründete seine Forderung nach einem Werbeverbot für Glücksspiele mit dem Ziel, das Risikoverhalten einzudämmen und den Spielerschutz zu stärken. Dies sei insbesondere im Hinblick auf die EM im kommenden Jahr in Deutschland relevant.

    Ein so großes Event solle nach Möglichkeit „nicht durch Werbung für ein riskantes Verhalten begleitet“ werden, so der Suchtbeauftragte gegenüber der dpa. Blienert betonte dabei: “Wir können als Bundesrepublik Deutschland ein starkes Zeichen setzen, dass wir die Risiken durch Sportwetten ernst nehmen und werbefrei in die Spiele gehen.”

    Negative Auswirkungen auf Spielerschutz und Sponsoringpartnerschaften

    Blienerts Forderung nach einem Werbeverbot für Glücksspiele stößt jedoch auf heftigen Widerstand. Hauptsächlich Tobias Krull, Landtagsabgeordneter und Mitglied des Arbeitskreises Inneres und Sport der CDU-Landtagsfraktion, hat sich in einer Pressemitteilung gegen die Argumente Blienerts ausgesprochen.

    Krull betont, dass ein Werbeverbot gerade nicht dem Spielerschutz diene, da es den illegalen Anbietern in die Hände spiele:

    „Zugelassene Spiel- und Wettanbieter sind an strenge Vorgaben zu Jugendschutz und Suchtprävention gebunden. Bei einem Werbeverbot für legale Angebote besteht die erhebliche Gefahr, dass verstärkt unregulierte Spielmöglichkeiten ohne entsprechende Hilfs- und Schutzmechanismen genutzt werden.“

    Krull sowie Branchenvertreter und andere Gegner eines umfassenden Werbeverbots weisen immer wieder darauf hin, dass ein solches Verbot negative Auswirkungen auf das legale Glücksspiel haben und den Spielern den Zugang zu regulierten Angeboten erschweren könnte.

    Weiterhin hätte ein Werbeverbot auch erhebliche finanzielle Auswirkungen auf den deutschen Spitzensport. Nach Schätzungen des Deutschen Sportwettenverbands haben Sportwettenanbieter im vergangenen Jahr rund 63 Millionen Euro über Sponsoring-Partnerschaften in den deutschen Spitzensport investiert.

    Ein Werbeverbot würde diese Partnerschaften gefährden und eine erhebliche Finanzierungslücke für den Sport bedeuten. Krull bekräftigt dies und erklärt: „Die ausbleibenden Werbeeinnahmen würden eine gravierende Finanzierungslücke reißen und damit zulasten des Sports gehen. Das werden wir nicht zulassen.“

    Verstöße gegen Werberichtlinien: Tipico im Visier

    Der jüngste Fall des Sportwettenanbieters Tipico zeigt, dass Verstöße gegen die strengen Werberichtlinien konsequent verfolgt werden. Nach aktuellen Berichten des Nachrichtenmagazins Der Spiegel hat der Fachverband Glücksspielsucht Tipico abgemahnt und eine Unterlassungserklärung gefordert.

    Der in Deutschland lizenzierte Anbieter soll während des Spiels zwischen Hertha BSC und dem FC Bayern München in der Münchner Allianz-Arena unzulässige Werbung platziert haben. Auf den Banden waren wiederholt die Werbeaufschriften „Tipico – Jetzt wetten“ und „Tipico – Offizieller Partner der Bundesliga“ zu sehen.

    Diese Werbepraxis stellt einen klaren Verstoß gegen den Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV 2021) der Bundesländer dar, der Sportwetten von lizenzierten Anbietern wie Tipico zwar erlaubt, die Werbung aber streng reglementiert. Danach dürfen Sportwettenanbieter nur mit ihrem Markennamen ohne weitere Zusätze auf Trikots oder Banden werben.

    Der Fachverband Glücksspielsucht, der sich für Spielsüchtige einsetzt, reagierte umgehend auf den Verstoß und mahnte Tipico ab. Zudem forderte der Verband eine Unterlassungserklärung. Das Unternehmen mit Sitz in Malta hat inzwischen eine solche Erklärung abgegeben und sich verpflichtet, bei weiteren Verstößen eine Vertragsstrafe zu zahlen.

    Regulierung der Glücksspielwerbung kann zielführender sein als ein Verbot

    Dies zeigt nicht nur, dass die Regelungen des neuen Glücksspielstaatsvertrages rechtlich umgesetzt werden, sondern auch, dass die Anbieter in der Lage sind, ihr Fehlverhalten zu erkennen und zu ändern.

    Dies unterstreicht das Argument der Gegner eines Werbeverbots, dass ein regulierter legaler Glücksspielmarkt im Sinne des Spielerschutzes zielführender ist als ein Verbot, das illegale Anbieter begünstigen würde.

    Es bleibt abzuwarten, ob die konsequente Überwachung und Regulierung der Glücksspielwerbung ausreicht oder ob in Zukunft vermehrt Forderungen nach einem vollständigen Verbot der Glücksspielwerbung erhoben werden.

    Angesichts der erst kürzlich erfolgten Neuregulierung des Glücksspielmarktes erscheinen neue Verbote derzeit jedoch nicht realistisch. Zudem bleibt die Frage offen, inwieweit ein solches Verbot überhaupt sinnvoll wäre.

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