Frankreich: Glücksspielbehörde sieht massive Bedrohung durch illegale Online-Casinos

Auch in Frankreich boomt der Schwarzmarkt für Online-Glücksspiel. In Abwesenheit von Spieler- und Jugendschutz generieren die illegalen Online-Casinos laut einer neuen Studie bis zu 1,5 Mrd. Euro pro Jahr.

Sonja Çeven Datum: Lesedauer: min.
zuletzt aktualisiert: 05.12.2023

Frankreich: Glücksspielbehörde sieht massive Bedrohung durch illegale Online-Casinos

Auch in Frankreich boomt der Schwarzmarkt für Online-Glücksspiel. In Abwesenheit von Spieler- und Jugendschutz generieren die illegalen Online-Casinos laut einer neuen Studie bis zu 1,5 Mrd. Euro pro Jahr.

Inhaltsverzeichnis

    Die französische Glücksspielbehörde, die Autorité Nationale des Jeux (ANJ), warnt vor den Gefahren durch illegale Online-Casinos. Einer von der Behörde in Auftrag gegebenen Studie zufolge habe der Online-Glücksspiel-Schwarzmarkt in Frankreich 2023 ein Marktvolumen von bis zu 1,5 Mrd. Euro erreicht. 

    Den Auftrag für die Studie habe Pricewaterhouse Coopers (PwC) erhalten. Die Unternehmensgruppe habe 2021 in Großbritannien bereits eine Erhebung dieser Art durchgeführt. Ziel der Untersuchung in Frankreich sei gewesen, den Schwarzmarkt zu vermessen und besser zu verstehen, so die ANJ. 

    Leichter Zugang zu illegalen Angeboten

    PwC habe zwischen Januar und März 2023 insgesamt 510 illegale Online-Glücksspiel-Websites identifiziert. Rund die Hälfte davon habe eine Lizenz aus Curaçao

    Kriterien zur Definition eines illegalen Anbieters seien gewesen, dass die Anbieter nicht über eine Lizenz der ANJ verfügten, Online-Glücksspiele mit Echtgeld anböten und für Spielerinnen und Spieler innerhalb Frankreichs auch ohne VPN-Technologie aufrufbar seien. 

    Die 510 anhand dieser Kriterien identifizierten Plattformen generierten jährlich zwischen 748 Mio. und 1,5 Mrd. Euro, was zwischen 5 und 11 % des gesamten Marktvolumens in Frankreich ausmache. Der legale Markt habe 2022 ein Volumen von 13 Mrd. € aufgewiesen, wobei 2,96 Mrd. auf Online-Glücksspiele entfallen seien.

    Unter den illegalen Anbietern dominierten hinsichtlich des Traffics 21 Plattformen. Auf diese entfielen rund 60 % der Besucherzahlen. Zudem werde 50 % des gesamten Traffics durch Online-Casinospiele wie Roulette, Blackjack, Baccarat, Craps und andere Würfelspiele sowie durch Online-Slots generiert. 

    Die genannten Echtgeld-Spiele sind in Frankreich allesamt illegal. Die 18 Lizenznehmer der ANJ dürfen lediglich Online-Sportwetten und Online-Poker anbieten. Aufgrund des deutlich erkennbaren Interesses an Online-Casinospielen hatte der französische Rechnungshof im September unter anderem die Legalisierung dieser Spielformen empfohlen.

    Starkes Interesse am Glücksspiel ohne Limits

    Die Studie sollte zudem hervorbringen, aus welchen Gründen Spielerinnen und Spieler unbewusst oder bewusst am illegalen Online-Glücksspiel teilnähmen. Zunächst habe die Befragung ergeben, dass rund 3 Millionen Personen mindestens einmal im Monat illegale Online-Glücksspiele spielten. 

    Gut die Hälfte der Schwarzmarkt-User ignorierten bewusst die Tatsache, dass es sich bei den Spielen um illegale Angebote handle. Und 54 % dieser Spielerinnen und Spieler bevorzugten Online-Casinospiele gegenüber Online-Slots.

    Des Weiteren hätten 19 % der Befragten angegeben, die illegalen Portale über Online-Suchmaschinen zu finden, während jeweils 18 % über Online-Werbung und Soziale Netzwerke auf die Plattformen aufmerksam geworden seien. 

    Spieler hätten vornehmlich vier Gründe genannt, warum sie sich für illegale Angebote entschieden: Abwesenheit von Einsatzlimits, keine Identitätsprüfungen, höhere Gewinnmöglichkeiten und ein größeres Spielangebot. 

    Zudem nutzen 35 % der Spielerinnen und Spieler eine VPN-Software, um das von ihnen bevorzugte Angebot in Anspruch zu nehmen.

    Große Risiken insbesondere für vulnerable Personengruppen

    Die Abwesenheit von Limits, Identitätsprüfungen und anderen Spieler- und Jugendschutzmaßnahmen stelle daher vor allem für Minderjährige sowie Spielerinnen und Spieler mit problematischem Spielverhalten ein großes Risiko dar. Minderjährige und Personen, die sich vom Glücksspiel ausgeschlossen hätten, könnten demnach ungehindert in den illegalen Online-Casinos spielen. 

    Personen mit riskantem oder problematischem Spielverhalten spülten den Schwarzmarkt-Anbietern daher aktuell bereits 79 % der Umsätze in die Kassen. Doch auch Personen ohne auffälliges Spielverhalten gingen auf dem Schwarzmarkt große Risiken ein. So gebe es oft keine Garantie, dass die Anbieter größere Gewinne auch auszahlten. In diesem Fall sei dann auch die französische Strafverfolgung machtlos. 

    Außerdem könne kein ausreichender Datenschutz gewährleistet werden. Bankdaten könnten im schlimmsten Fall von Kriminellen missbraucht werden und auch hier könnten die französischen Behörden dann nicht helfen. Vom Schwarzmarkt gehe zudem ein massives Risiko von Geldwäsche und Terrorfinanzierung aus, dessen sich die Nutzer bewusst sein sollten.

    Regulierung vs. Schwarzmarkt

    Die ANJ plane daher nun eine Verstärkung und Diversifizierung des Vorgehens gegen den Online-Glücksspiel-Schwarzmarkt. Erst seit März 2022 verfüge die Behörde über die Befugnis, illegale Websites blockieren zu lassen. Bislang seien bereits 1.230 URLs per Geoblocking gesperrt. 

    Die Abläufe dahinter seien mittlerweile sehr schnell und effizient. In nur eineinhalb Jahren habe die ANJ damit genauso viele Angebote vom Markt verdrängt wie die Strafverfolgungsbehörden in den zwölf Jahren zuvor. 

    Allerdings versäume das geltende Glücksspielgesetz, der Behörde weitere Werkzeuge im Kampf gegen den Schwarzmarkt zur Verfügung zu stellen. Die Behörde verfolge daher individuelle Ansätze, um dem Problem entgegenzutreten. Konkret plane die ANJ die Arbeit an fünf Baustellen:

    • Illegale Anbieter mit Sitz in Curaçao oder Zypern sollen weiterhin den Justizbehörden gemeldet werden, die den Versuch der Strafverfolgung unternehmen könnten. Der ANJ fehle die Befugnis, diesen Anbietern Strafen auszustellen.
    • Unternehmen, die Spielsoftware herstellen oder Plattform-Hosting-Dienste anbieten sollen vor der Kooperation mit illegalen Anbietern gewarnt werden.
    • Zahlungsdienstleister sollen dazu angehalten werden, Transaktionen zwischen Spielern und illegalen Anbietern zu blockieren.
    • Der Austausch mit anderen europäischen Glücksspielbehörden über das Gaming Regulators European Forum (GREF) solle gestärkt werden.
    • Und zu guter letzt wolle die Behörde in der Öffentlichkeit das Bewusstsein über die Gefahren des Schwarzmarkts schärfen.

    Wie die Studie und die Meldung der ANJ zeigen, ist das Problem des Online-Schwarzmarkts damit auch in Frankreich sehr präsent. Ebenso wie in Deutschland gibt es auch in Frankreich keinen regulierten Markt für Online-Casinospiele. Dennoch lässt sich die Beliebtheit dieser Spielform nicht leugnen, weshalb Spieler auf den Schwarzmarkt ausweichen. 

    Anders als die französische Glücksspielbehörde sieht die Glücksspielbehörde der Länder (GGL) die Lage nicht allzu dramatisch. So betonte die Behörde erst Ende November, dass die alarmierenden Zahlen der neu veröffentlichten Studie des Wirtschaftswissenschaftlers Gunther Schnabl nicht mit ihren eigenen Erhebungen übereinstimmen. 

    Vielmehr hätten die Zahlen der von Glücksspielverbänden in Auftrag gegebenen Studie mit der Wahrnehmung des Wettbewerbs in der Branche zu tun. Statt der in der Studie  dargelegten Kanalisierungsrate von 50,7 % spricht die GGL weiterhin von 95 %.

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