Frankreichs Glücksspiel im Wandel: Rechnungshof empfiehlt regulatorische Änderungen

In Frankreich wird aktuell viel über die Regulierung des Glücksspiels und die Legalisierung neuer Spielformen wie Online-Casino und E-Sport-Wetten diskutiert.

Sonja Çeven Datum: Lesedauer: min.
zuletzt aktualisiert: 22.09.2023

Frankreichs Glücksspiel im Wandel: Rechnungshof empfiehlt regulatorische Änderungen

In Frankreich wird aktuell viel über die Regulierung des Glücksspiels und die Legalisierung neuer Spielformen wie Online-Casino und E-Sport-Wetten diskutiert.

Inhaltsverzeichnis

    Der französische Rechnungshof hat am Donnerstag einen umfangreichen Bericht zum Wandel der Glücksspielbranche in Frankreich veröffentlicht. Auf 115 Seiten beleuchtet der Rechnungshof die Legalisierung von Online-Casinos, E-Sport-Wetten und NFT sowie die Besteuerungsmodelle aller legalen Glücksspiel-Formen. Zudem rät der Hof dringend an, der Glücksspielbehörde, Autorité Nationale des Jeux (ANJ), erweiterte Kompetenzen zu erteilen.

    Glücksspielbehörde soll Anbieter bei Verstößen bestrafen können

    Als Nachfolger der 2010 gegründeten Glücksspielbehörde ARJEL ist die ANJ seit 2020 für die Regulierung der Glücksspiel-Industrie mit Ausnahme der landbasierten Casinos zuständig. Der Handlungsspielraum der Behörde ist jedoch eingeschränkt. Insbesondere hat die ANJ aktuell nicht die Möglichkeit, Lizenznehmern bei Verstößen Strafen auszustellen

    Hierfür ist eine externe Sanktionskommission zuständig. Stellt die ANJ einen Verstoß fest, hat sie der Kommission gegenüber Bericht zu erstatten, auf Basis dessen die Kommission eine Strafe festlegt. Wie der Rechnungshof erläutert, sei dies ein bürokratisch aufwändiger und langwieriger Vorgang. Zwischen dem Feststellen des Verstoßes und der Erteilung einer Strafe vergehe zu viel Zeit. 

    Bislang habe die ANJ sich in einem Fall an die Sanktionskommission gewandt. Dies sei im September 2022 geschehen und noch immer habe kein Vollzug gegen den betroffenen Anbieter stattgefunden. Der Rechnungshof empfiehlt, dass es der ANJ zumindest gestattet werden sollte, einen Anbieter im Fall eines Verstoßes darauf hinzuweisen und zu ermahnen.

    Legalisierung von Online-Casinos und E-Sport-Wetten

    In seinem Bericht thematisiert der Rechnungshof auch eine Ausweitung legaler Glücksspiel-Formen. In den meisten europäischen Ländern gebe es heute legale Online-Casinos mit einem Angebot aus Spielautomaten, Roulette, Blackjack, Baccarat und anderen Glücksspielen. In Frankreich seien Online-Casinos dieser Art bislang verboten. 

    Im Rahmen der aktuellen Diskussionen um eine Regulierung von NFT-ähnlichen Produkten und deren Einstufung als Glücksspiel ist auch die Legalisierung von Online-Casinos Thema geworden. Der Rechnungshof rät der Regierung, sich diesem Thema stärker zuzuwenden.

    Online-Casinos trotz Illegalität sehr beliebt

    Auch wenn die landbasierten Casinos gegen eine Legalisierung von Online-Casinos seien, müsse zumindest untersucht werden, wie viele Personen in Frankreich diese ohnehin bereits nutzten. Hier gebe es sehr unterschiedliche Schätzungen. Laut einer Studie von Harris Interactive aus dem Jahr 2020 spielten zwischen 1,4 und 2,2 Millionen Menschen in Frankreich in illegalen Online-Casinos. 

    Die Anbieter mit Sitz im Ausland generierten dadurch geschätzte Bruttospielerträge zwischen 711 Mio. Euro und 1,1 Mrd. Euro. Laut einer etwas älteren Studie des nationalen Sucht-Forschungsinstituts (OFDT) aus dem Jahr 2017 spielten rund 760.000 Personen in illegalen Online Casinos 

    Eine Studie der damaligen Glücksspielbehörde ARJEL aus dem Jahr 2018 habe zudem gezeigt, dass 81 % aller Spielerinnen und Spieler die Illegalität eines Online-Glücksspiel-Produkts egal sei. Knapp ein Drittel kenne sich zudem gut mit VPN-Produkten aus, um ein IP-Blocking zu umgehen. 

    Der Rechnungshof sehe zum einen Bedarf für eine bessere Aufklärung zum Thema illegales Glücksspiel in der Bevölkerung. Zum anderen müsse eine verlässlichere Untersuchung durchgeführt werden, die das wahre Ausmaß des Schwarzmarkts aufzeige.

    E-Sport-Wetten als wachsender Trend

    Es müsse zudem über eine potenzielle Legalisierung und Regulierung von Wetten auf E-Sport-Events diskutiert werden. In Frankreich seien E-Sport-Wettbewerbe mit em Gesetz vom 7. Oktober 2016 legalisiert worden. Allerdings fehle bis heute die Anerkennung von E-Sport als Sport, weshalb die Regulierung von Sportwetten hier nicht greife. E-Sport-Wetten seien damit anders als bspw. in Großbritannien und Belgien illegal. 

    Und dennoch floriere das Geschäft mit den E-Sport-Wetten auch in Frankreich. Eine Legalisierung und Regulierung sei daher sinnvoll, um eine Kanalisierung der Spieler in den legalen Markt zu gewährleisten. Der Rechnungshof erkenne jedoch auch an, dass die Legalisierung gerade aus jugendschutzrechtlicher Sicht Bedenken aufwerfe, da ein bedeutsamer Teil der E-Sportler und Fans minderjährig sei.

    Besteuerung verschiedener Glücksspiel-Formen

    Ein weiteres Kernthema des Berichts ist die Besteuerung der verschiedenen Arten von Glücksspielen in Frankreich. Diese müsse teilweise vereinheitlicht und simplifiziert werden, so der Rechnungshof. Nach den aktuellen Besteuerungsmodellen gilt für die einzelnen Spielformen folgendes:

    • Lottoziehungen: 54,5 % der Bruttospielerträge
    • Rubbellose: 42 % der Bruttospielerträge
    • Landbasierte Casinos: zwischen 6 und 83,5 % auf 90 % der Nettospielerträge
    • Privat geführte Glücksspiel-Clubs: zwischen 5 und 70 % Auf 80 % der Bruttospielerträge nach Ermäßigungsabzug von 30 %
    • Terrestrische Sportwetten: 27,9 % der Bruttospielerträge
    • Online-Sportwetten: 33,7 % der Bruttospielerträge
    • Pferdewetten (PMU): 20,2 % auf 85 % der Bruttospielerträge + 12 % Steuern auf 85 % der Kommissionen der PMU-Partner
    • Online-Poker: 1,8 % auf 85 % der Spieleinsätze

    Der Rechnungshof schlägt vor, dass das PMU und seine Partner (Rennbahnen, Off-Track-Wettbüros, etc.) mit dem gleichen Steuersatz auf die Bruttospielerträge belegt werden. Zudem sollten die PMU-Gewinne von Wett-Teilnehmern mit Wohnsitz im Ausland als Einkünfte aus nicht gewerblicher Tätigkeit klassifiziert und besteuert werden. 

    Auch der Sonderfall Online-Poker sollte dringend untersucht werden, so der Rechnungshof. Bereits 2016 habe er um eine Studie gebeten, welche die Auswirkungen der Besteuerungsmodelle auf die Rentabilität und damit die Kanalisierung der Spieler untersuchen sollte. Bislang sei keine Studie dieser Art veranlasst worden. 

    Der Rechnungshof würde sich wünschen, wenn ab 2024 halbjährlich untersucht würde, dass festgestellt werde, welche Auswirkungen die Besteuerung der Bruttospielerträge im Vergleich zur Steuer auf Spieleinsätze habe.

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