Italien: Glücksspiel-Schwarzmarkt generiert 25 Mrd. Euro Umsatz

Italiens Glücksspiel-Landschaft hat ein riesiges Schwarzmarkt-Problem. Die jüngsten Zahlen zu den Umsätzen der illegalen Anbieter sind alarmierend.

Sonja Çeven Datum: Lesedauer: min.
zuletzt aktualisiert: 18.09.2023

Italien: Glücksspiel-Schwarzmarkt generiert 25 Mrd. Euro Umsatz

Italiens Glücksspiel-Landschaft hat ein riesiges Schwarzmarkt-Problem. Die jüngsten Zahlen zu den Umsätzen der illegalen Anbieter sind alarmierend.

Inhaltsverzeichnis

    Der Glücksspiel-Schwarzmarkt in Italien boomt. Italienischen Medienberichten zufolge generieren die illegalen Glücksspiel-Anbieter mittlerweile 25 Mrd. Euro Umsatz im Jahr. Mindestens 18,5 Mrd. Euro (75 %) sollen von illegalen Online-Casinos und Sportwetten-Portalen stammen. 

    Die für die Glücksspielregulierung zuständige Akzisen-, Staatsmonopol- und Zollverwaltungsbehörde (ADM) habe bereits 9.685 illegale Glücksspiel-Websites gesperrt, 264 davon allein in den letzten neun Monaten. Dennoch nehme das Katz-und-Maus-Spiel kein Ende, denn stetig tauchten neue Seiten auf.

    Schwieriger Wettbewerb trotz liberaler Rahmenbedingungen

    Das Online-Glücksspiel ist in Italien bereits seit 2011 legal und mittlerweile gibt es 477 legale Glücksspiel-Websites für Spielautomaten, Casinospiele wie Roulette und Blackjack, Poker, Bingo, Lotto und Sportwetten (Stand: 18.09.2023). Die Anbieter dürfen dabei verschiedene Spielkategorien auf derselben Website anbieten. Spieler können somit mit nur einem Klick zwischen Slots, Kartenspielen, Wetten und sonstigen Spielen wechseln. 

    Anders als in Deutschland ist es in Italien zudem erlaubt, dass Online-Casinos eine internationale Domain haben. Daher finden sich auf der Liste der Lizenznehmer nicht nur Websites mit „.it-Domain”, sondern auch „.com”, „.org” und „.eu”. Doch auch wenn die Glücksspielregulierung in Italien vergleichsweise anbieterfreundlich ist, haben die lizenzierten Unternehmen Schwierigkeiten, sich gegen die illegale Konkurrenz durchzusetzen.

    Die längste Schwarze Liste Europas

    Mit 9.685 gelisteten Websites führt die ADM die längste Sperrliste Europas. Zum Vergleich: Die Sperrliste der Schweizer Glücksspielaufsicht, der Eidgenössischen Spielbankenkommission (ESBK), führt aktuell (Stand 18.09.2023) insgesamt 1.346 illegale Anbieter. 

    Auf beiden Sperrlisten erkennt man das Problem der Behörden auf einen Blick. Sobald die Website eines illegalen Marktteilnehmers gesperrt wird, wird unmittelbar eine neue erstellt, die sich dann bspw. mit einem Buchstaben oder einer Zahl von der ursprünglichen Website unterscheidet. Spieler werden oft dann automatisch zur neuen Website weitergeleitet, wenn sie die gesperrte Website betreten wollen.

    Legal und Illegal nah beieinander

    Den Zahlen der ADM zufolge haben die legalen Online-Glücksspiel-Anbieter im Jahr 2022 „nur” 3,8 Mrd. Euro Umsatz generiert. Die Umsätze des gesamten Glücksspielmarktes hingegen lagen bei 10,3 Mrd. Euro. Damit verbucht der illegale Glücksspielmarkt mehr als doppelt so viel Umsatz wie der legale. 

    Den aktuellen italienischen Medienberichten nach liege dies vor allem daran, dass die illegalen Angebote aus Sicht der Kunden oft schlicht attraktiver erschienen. Wettquoten bei Sportwetten und Auszahlungsquoten bei Casinospielen seien in der Regel höher, Limits dafür allgemein geringer. Zudem gibt es italienische Vergleichsportale, auf denen gezielt „Anbieter ohne Limits” beworben werden. 

    Nicht nur entgingen dem Staat dadurch Steuereinnahmen in Milliardenhöhe, sondern sei auch Geldwäsche ein großes Problem. Und oft verstecke sich das illegale Glücksspiel direkt neben dem legalen.

    Schutzgeld der etwas anderen Art

    Wie aus Berichten der italienischen Polizeibehörden hervorgeht, werden Inhaber von Wettbüros oder Gastro-Betrieben, in denen legale Spielautomaten aufgestellt sind, bspw. von Kriminellen genötigt, in Hinterzimmern auch illegale und/oder manipulierte Spielautomaten aufzustellen. Weigerten sie sich zu kooperieren, drohe die Zerstörung ihres Geschäfts oder physische Gewalt. 

    Doch nicht immer handelt es sich um physische Spielautomaten. Auch das illegale Online-Glücksspiel werde auf diese Weise organisiert. Den Behörden zufolge würden hierfür Computer aufgestellt, die Spielern Zugang zu bestimmten illegalen Online-Casinos oder Sportwetten-Websites gäben. Die Spieler zahlten ihre Einsätze dabei in bar direkt am Aufstellort. 

    Die italienische Finanzpolizei (Guardia di Finanza), die insbesondere für die Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität zuständig ist, führt regelmäßig organisierte Großrazzien durch. Die dabei immer wieder beschlagnahmten Bargeld-Beträge in Millionenhöhe deuten an, wie groß das Problem des Steuerbetrugs und der Geldwäsche sein könnte.

    Welche Rolle spielt die Werbung?

    Ein Schwarzmarkt, der doppelt so viel Umsatz generiert wie der regulierte Markt, bedeutet vor allem eines: Die Kanalisierung der Spieler in gelenkte Bahnen gelingt in Italien nicht. Die regulierten Anbieter in Italien machen hierfür auch das seit 2019 geltende Werbeverbot mitverantwortlich. 

    Das Totalverbot von Glücksspielwerbung und Sponsoring wurde von der damaligen Regierung beschlossen, um das Problem der Spielsucht zu bekämpfen. Studien, die belegen würden, dass dieses Ziel erreicht wird, gibt es auch vier Jahre später noch immer nicht. 

    Die ADM hat bislang auch noch keine Studie in die Wege geleitet, die den Zusammenhang von Glücksspielwerbung und Kanalisierung beleuchtet. Daher lassen sich in Italien aktuell nur Korrelationen beobachten.

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