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Die italienische Werbeaufsicht AGCOM geht seit Jahren gerichtlich gegen Google vor. Der Tech-Gigant soll in mehreren Fällen gegen das in Italien geltende Verbot von Glücksspiel- und Sportwettenwerbung verstoßen haben. Das Verwaltungsgericht Rom hat nun aber in einem wegweisenden Urteil entschieden, dass Google für die beklagten Werbeinhalte nicht verantwortlich gemacht werden kann. Der Konzern entgeht damit einer Strafe von 750.000 €.
AGCOM vs. Google - drei Jahre vor Gericht
Seit dem 1. Januar 2019 gilt in Italien ein Totalverbot von Glücksspielwerbung jedweder Art. Hintergrund ist das im Juli 2018 verabschiedete sogenannte „Decreto Dignità”, auf deutsch etwa: Dekret der Würde. Die italienische Werbeaufsicht AGCOM geht seither gegen Unternehmen und Personen vor, die gegen das Werbeverbot verstoßen.
Die Google Ireland Limited geriet 2020 erstmals ins Visier der Behörde. Der Tech-Konzern erhielt eine Strafe von rund 100.000 €, weil über Google Ads ein Direktlink zu einem französischen Online-Casino platziert worden sei, berichtete die AGCOM damals.
Google hatte daraufhin Einspruch gegen die Strafe erhoben. Ein jahrelanger Rechtsstreit folgte. Die Liste der Beschwerden gegen Google ist seitdem angewachsen. Im Fokus der AGCOM standen dabei vor allem Glücksspiel-Streams auf der zu Google gehörigen Video-Plattform YouTube.
Doch auch in diesem Bereich hat Google jeden Vorwurf von sich gewiesen und vor dem Verwaltungsgericht in Rom bereits im November 2022 eine Suspension der von der AGCOM ausgestellten Geldstrafen erwirkt.
Hosting Provider nicht für Werbeinhalte verantwortlich
Die jüngste Entscheidung des Gerichts beendet den Rechtsstreit nun endgültig. Als Hosting Provider sei Google nicht verantwortlich für werbende Inhalte, die von Dritten platziert werden, heißt es in dem Urteil. Die beklagten Streams, in denen Einzelpersonen indirekt für verschiedene Online-Casinos geworben haben, lägen in der Verantwortung der Streamer selbst.
Das Urteil stehe im Einklang mit dem italienischen E-Commerce-Gesetz, gemäß welchem Hosting Provider, die anderen Unternehmen und Individuen lediglich einen virtuellen Raum bieten, ohne diesen selbst mitzugestalten, nicht per se für die Inhalte verantwortlich gemacht und bestraft werden können.
Wissen Hosting Provider allerdings um die Illegalität bestimmter Inhalte, sind sie verpflichtet, diese umgehend zu entfernen. Kommen sie dieser Pflicht nicht nach, können sie Strafen erhalten.
Im Fall von Google erkenne das Gericht an, dass der Konzern bereits intensiv gegen illegale Werbeinhalte vorgehe und Werbung für Online-Casinos und andere Glücksspiel-Produkte aus dem italienischen Web soweit möglich verbanne.
Kommt das Ende des umstrittenen Werbeverbots?
Das Werbeverbot in Italien ist keineswegs unumstritten. Durchgerungen hatte dies die damalige Regierungskoalition aus Lega und der Fünf-Sterne-Bewegung, die nach weniger als einem Jahr an der Regierungsspitze 2019 wieder zerfallen war. Die nachfolgenden Regierungen haben das Decreto Dignità und das damit einhergehende Werbeverbot für Glücksspiele und Sportwetten dennoch bislang weitergetragen.
Die jetzige Regierung unter dem Kabinett Meloni allerdings plant eine Neuregulierung des Glücksspielsektors, womit auch die Chance auf ein Ende des Werbeverbots besteht. Die geplante Glücksspiel-Reform ist dabei Teil der Steuerreform 2023 und noch nicht endgültig ausgearbeitet. Bislang sind folgende Ziele definiert worden:
- Angestellte im Glücksspielsektor sollen zu regelmäßigen Schulungen und Weiterbildungen verpflichtet werden
- Der Selbstausschluss vom Glücksspiel soll erleichtert werden, indem ein nationales Spielersperrsystem errichtet wird
- Spielautomaten in Casinos, Spielhallen und im Gastgewerbe sollen fortan zertifiziert werden
- Der Jugendschutz im Bereich der Sportwetten soll gestärkt werden
Der italienische Fußballverband Federazione Italiana Giuoco Calcio (FIGC) fordert bereits seit Jahren die Umkehr des Werbeverbots und setzt sich auch im Rahmen der aktuellen Diskussion stark dafür ein. Der Fußball habe am meisten unter dem Verbot gelitten, heißt es. Für die erste Liga habe der Wegfall der Sponsoring-Partnerschaften jährliche Verluste von mehr als 100 Mio. Euro bedeutet.
Profitiert habe bislang lediglich die AGCOM, heißt es in den italienischen Medien. Die Behörde habe in den letzten Jahren Geldstrafen in der Summe mehrerer Millionen ausgestellt.