Irland: Glücksspiel-Beteiligung Minderjähriger alarmierend hoch

Die Glücksspielbeteiligung und das problematische Spielverhalten unter irischen Jugendlichen sind besorgniserregend hoch, auch im internationalen Vergleich.

Sonja Çeven Datum: Lesedauer: min.
zuletzt aktualisiert: 11.09.2023

Irland: Glücksspiel-Beteiligung Minderjähriger alarmierend hoch

Die Glücksspielbeteiligung und das problematische Spielverhalten unter irischen Jugendlichen sind besorgniserregend hoch, auch im internationalen Vergleich.

Inhaltsverzeichnis

    Laut einer neuen Erhebung hat die Beteiligung Minderjähriger am Glücksspiel in Irland ein besorgniserregendes Ausmaß angenommen. Im Rahmen des European School Survey Project on Alcohol and other Drugs (ESPAD) wurden in Irland insgesamt 1.949 Schülerinnen und Schüler im Alter von 15 und 16 Jahren zu ihrem Spielverhalten befragt. 

    Die Befragung habe ergeben, dass sich 22,9 % der Jugendlichen in dieser Altersgruppe am Glücksspiel beteiligen, wobei die Prävalenz unter den männlichen Minderjährigen mit 28,2 % deutlich über der der weiblichen Minderjährigen (17,9 %) liegt. 

    Das irische Gesundheitsinstitut (IPH), welches die Ergebnisse der ESPAD-Studie in einem Bericht zusammengefasst hat,  fordert daher die dringende Einführung gesetzlicher Jugendschutzmaßnahmen in der Glücksspielbranche.

    Jugendliche nutzen alle Formen des Glücksspiels

    Die Studienteilnehmer wurden auch befragt, welche Art des Glücksspiels sie genutzt haben. Die Befragung hat ergeben, dass Minderjährige sich an vielen verschiedenen Glücksspiel-Formen beteiligen. 

    Wetten auf Sportereignisse sowie auf Wettbewerbe, in denen auf die Leistung von Tieren in Rennen oder Kämpfen gewettet wird, stehen mit 14,5 % an erster Stelle. 11,9 % aller Jugendlichen gaben an, Lotteriespiele, Bingo oder Rubbellose genutzt zu haben. 

    Von den 22,9 % der Befragten, die in den letzten 12 Monaten Glücksspiel mit Echtgeld-Einsatz gespielt haben, gaben allerdings 51,8 % an, Lotterie-Produkte gekauft zu haben, womit diese Glücksspiel-Kategorie bei den tatsächlichen Spielerinnen und Spielern an der ersten Stelle steht. 

    Weiterhin gaben 9,4 % aller Befragten an, Karten- oder Würfelspiele mit Echtgeld gespielt zu haben. In der Gruppe der aktiven Glücksspieler waren dies 41,3 %. Weitere 8,5 % der Teilnehmer haben Spielautomaten als genutzte Form des Glücksspiels angegeben. Unter den Glücksspielern waren dies 37 %. 

    Starkes Geschlechtergefälle bei allen Spielen

    Auffällig sei grundsätzlich gewesen, dass die Glücksspielbeteiligung männlicher Minderjähriger deutlich höher sei als bei den weiblichen. Dies betreffe sowohl das Glücksspiel als Ganzes als auch die einzelnen Spielkategorien. 

    Zwei Drittel der Befragten, die an Sport- oder Ereigniswetten teilgenommen haben, seien männlich. Das gleiche Geschlechtergefälle liege auch bei Karten- und Würfelspielen sowie bei Spielautomaten vor. Ähnlich hoch sei der Anteil der männlichen Spieler mit 60 % im Bereich der Lotto-Produkte. 

    Untersucht wurden zudem mögliche Ko-Faktoren, die in Korrelation zur Beteiligung an den verschiedenen Glücksspielen stehen. Die Ergebnisse, was die stärkste Ko-Existenz von Glücksspiel und Lebensfaktoren betreffe, unterschieden sich dabei leicht:

    • Sport- und Ereigniswetten: Höhere schulische Leistung, Alkoholkonsum, Ärger mit der Polizei
    • Karten- und Würfelspiele: Heftige Auseinandersetzungen mit anderen Menschen, Ärger mit der Polizei
    • Lotto-Produkte: Tabakkonsum, häufige heftige Auseinandersetzungen mit anderen Menschen
    • Spielautomaten: Ärger mit der Polizei, wenig Überwachung durch die Eltern

    Online-Glücksspiel und exzessives Spielverhalten

    Tatsächlich griffen die meisten Jugendlichen, die sich am Glücksspiel beteiligen, auf leichter zugängliche landbasierte Spielformen zu. Am Online-Glücksspiel hätten sich lediglich 23,1 % aller spielenden Minderjährigen beteiligt. Das am häufigsten genutzte Online-Glücksspiel-Produkt sei dabei die Sport- bzw. Ereigniswette. 

    Von allen Befragten wiesen zudem 2,8 % ein exzessives Spielverhalten auf und bei 1,3 % seien Anzeichen problematischen Spielverhaltens zu erkennen. Deutlich beunruhigender seien die Zahlen jedoch in der Gruppe der aktiven Spielerinnen und Spieler. So liege bei 10 % ein exzessives Spielverhalten vor und bei 21,3 % ein problematisches.

    Weiterhin hätten 19 % der aktiven Spieler angegeben, das Gefühl zu haben, häufiger und mit höheren Einsätzen spielen zu müssen und 8,1 % hätten nahestehende Personen bezüglich ihrer Glücksspielausgaben bereits einmal angelogen. Auch hier zeige sich wieder ein starkes Geschlechtergefälle: 82,2 % der aktiven Glücksspieler mit exzessivem Spielverhalten sowie 80 % der Problemspieler seien männlich.

    Internationaler Vergleich: Deutschland schneidet besser ab

    Die ESPAD-Studie wird alle vier Jahre in mehr als 30 verschiedenen europäischen Ländern durchgeführt. Bei der jüngsten Erhebung lag der europäische Durchschnitt bei der Spielbeteiligung Minderjähriger bei 22 %. Problematisches Spielverhalten in der untersuchten Altersgruppe hingegen liegt im europäischen Durchschnitt bei 1,4 %. 

    Lediglich sieben Länder weisen hier einen Wert deutlich unter 1 % auf. Neben Deutschland sind dies Österreich, die Niederlande, Island, Spanien, Malta und Estland. Irland hingegen liegt mit seinen 1,3 % nah am Durchschnitt. Interessant ist, dass Großbritannien nicht zu den untersuchten Nationen gehört, was laut IPH bedauerlich ist, da ein direkter Vergleich mit Irland hier besonders interessant sein könnte. 

    Gesetz zur Regulierung von Glücksspielen seit Jahren in der Schwebe

    Insbesondere aber bedauert das irische Gesundheitsinstitut, dass es nach vielen Jahren politischen Hin- und Hers noch immer kein Glücksspielgesetz gibt, welches den Jugendschutz in der Industrie garantiert. Tatsächlich arbeitet die Regierung bereits seit 2013 an ihrer neuen Gambling Regulation Bill, die 2022 finalisiert wurde und derzeit dem irischen Unterhaus zur Prüfung vorliegt. 

    Mit dem neuen Gesetz soll erstmals auch das Online-Glücksspiel reguliert und eine entsprechende Regulierungsbehörde, die Gambling Regulatory Authority of Ireland (GRAI), errichtet werden. Darüber hinaus ist geplant, illegale Anbieter mit IP-Blocking zu sperren und Einschränkungen für TV-Werbung und Sponsoring einzuführen. 

    Eigeninitiative der Glücksspiel-Anbieter vor Gesetzesänderung

    Dass die Regierung nun bereits seit 10 Jahren an dem neuen Glücksspielgesetz arbeitet, sorgt auch in der Glücksspielbranche seit langem für Unmut. Der irische Glücksspielkonzern Flutter Entertainment hat daher 2021 auf Eigeninitiative unternehmensinterne Spielerschutz-Maßnahmen ergriffen. Dies sind insbesondere die folgenden:

    • Ein Verbot der Kreditkartennutzung für Online-Glücksspiel
    • Eine dreistufige Bonitätsprüfung aller Spieler
    • 500 € Einzahlungslimit für Spieler unter 25 Jahren
    • Der Verzicht auf Sportwettenwerbung unmittelbar vor und nach Sport-Events
    • Echtzeit-Überwachung des Spielverhaltens aller Spieler

    Sowohl der Anbieter als auch nationale und internationale Branchenverbände haben die politischen Entscheidungsträger jedoch davor gewarnt, ein zu restriktives Gesetz zu schreiben. Totalverbote in Bezug auf Werbung oder Bonusangebote seien keineswegs förderlich, um Spielerschutz zu gewährleisten, heißt es. 

    Wann und mit welchem genauen Inhalt die Gambling Regulation Bill 2022 nun veröffentlicht und in Kraft treten wird, ist noch ungewiss. Irischen Medien zufolge ist ein Inkrafttreten Ende 2023 aber durchaus realistisch.

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