Widerstand gegen Entkriminalisierung des illegalen Glücksspiels

Der Bundesjustizminister plant die Entkriminalisierung illegalen Glücksspiels und anderer Straftaten. Jetzt regt sich zunehmend Widerstand. Bundesdrogenbeauftragter und Polizei warnen vor den Folgen des Vorhabens.

Sonja Çeven Datum: Lesedauer: min.
zuletzt aktualisiert: 02.01.2024

Widerstand gegen Entkriminalisierung des illegalen Glücksspiels

Der Bundesjustizminister plant die Entkriminalisierung illegalen Glücksspiels und anderer Straftaten. Jetzt regt sich zunehmend Widerstand. Bundesdrogenbeauftragter und Polizei warnen vor den Folgen des Vorhabens.

Inhaltsverzeichnis

    Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) beabsichtigt weitreichende Änderungen am Strafgesetzbuch (StGB). Unter anderem spricht sich der Politiker in seinem Eckpunktepapier dafür aus, illegales Glücksspiel nicht mehr als eine Straftat, sondern vielmehr als Ordnungswidrigkeit zu ahnden. Der Vorstoß des Ministers stößt jedoch zunehmend auf Kritik.

    Neben dem Bundesdrogenbeauftragen Burkhard Blienert hat sich nun auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) klar gegen eine solche Herabstufung ausgesprochen. Das illegale Glücksspiel sei bereits jetzt ein massives Problem, bei welchem nicht auf umfangreiche Strafverfolgung verzichtet werden dürfe.

    Streichung von drei glücksspielrechtlichen Paragraphen

    Die Entkriminalisierung der Veranstaltung und Teilnahme am illegalen Glücksspiel stellt eines von 16 Vorhaben des Ministers dar. Ziel des Vorhabens sei „die Modernisierung des Strafrechts und die schnelle Entlastung der Justiz”, heißt es in der Einleitung zum Eckpunktepapier. 

    Bezogen auf das Glücksspiel sollen daher die Paragraphen 284, 285 und 287 StGB gestrichen werden. Die genannten Paragraphen stellen die Veranstaltung von illegalen Glücksspielen und Lotterien sowie die Teilnahme an ebendiesen unter Strafe. Das StGB sieht vor, dass das Veranstalten illegalen Glücksspiels mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder einer Geldstrafe belangt wird. 

    Wer für illegales Glücksspiel wirbt, muss hingegen mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe rechnen. Auf die Teilnahme am illegalen Glücksspiel hingegen steht eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen. 

    Laut Buschmann jedoch reiche der Glücksspielstaatsvertrag 2021 (GlüStV) vollkommen aus, um illegales Glücksspiel zu bekämpfen. Im Eckpunktepapier heißt es dazu: 

    Es ist aber kein Rechtsgut erkennbar, das die Aufrechterhaltung dieser Strafnormen rechtfertigen würde. Entsprechende Verstöße können schon heute als Ordnungswidrigkeit gemäß § 28a des Glücksspielstaatsvertrags der Länder geahndet werden, was nach Maßgabe des Ultima-Ratio-Grundsatzes ausreichend ist.

    Gehe mit dem Veranstalten oder Nutzen illegaler Glücksspielangebote hingegen eine andere Straftat einher, werde diese weiterhin nach StGB geahndet. Dazu zähle insbesondere die Manipulation des Glücksspiels, Betrug oder Steuerhinterziehung.

    Bundesdrogenbeauftragter und Polizei warnen vor Gesetzesänderung

    Der Beauftragte der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen, Burkhard Blienert, hat sich sehr kritisch gegenüber Buschmanns Vorschlägen geäußert. Zwar unterstütze er den Gedanken, dass die Teilnahme am illegalen Glücksspiel entkriminalisiert werde, die Veranstaltung illegaler Spielformen sollte aber keineswegs zur reinen Ordnungswidrigkeit herabgestuft werden. 

    Er bitte den Politiker „dringend, von dieser Idee Abstand zu nehmen”, heißt es in einem Schreiben, welches der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vorliege. Er betont darin, dass das illegale Angebot für Spielsüchtige besonders gefährlich sei. Schließlich gebe es im Schwarzmarkt anders als bei den erlaubten Anbietern keine Einsatzlimits oder Spielersperren. Ebenfalls fehle es an den nötigen Jugendschutzmaßnahmen.

    Die Gewerkschaft der Polizei halte hingegen die Streichung aller drei Paragraphen und damit auch die Entkriminalisierung der Teilnahme am illegalen Glücksspiel für „hochproblematisch”. Buschmanns Annahme, dass die Ahndung als Ordnungswidrigkeit nach GlüStV ausreichend effizient sei, sei realitätsfremd. 

    In der Praxis habe sich gezeigt, dass steuerrechtliche Aspekte in der Regel erst nach oder maximal parallel zu den strafrechtlichen Aspekten verfolgt würden. Daher sollte im Umkehrschluss nicht auf den ersten Stritt, die Strafverfolgung des illegalen Glücksspiels nach StGB, verzichtet werden. 

    Indes seien illegales Glücksspiel und die Organisierte Kriminalität eng miteinander verbunden. Bereits jetzt stünden damit einhergehende Delikte wie Erpressung, Gewalt und Beschaffungskriminalität kaum im Fokus der Ermittlungsbehörden. Der Vorsitzende der GdP, Jochen Kopelke, vertritt daher einen klaren Standpunkt: 

    Bei diesem sensiblen Thema darf der Bundesjustizminister keinen Alleingang wagen. Die Bundesregierung darf dieses Vorhaben nicht einfach durchwinken."

    Buschmann hingegen halte die zum StGB alternative Strafandrohung für ausreichend abschreckend. Schließlich gehe es um Geldbußen bis zu 500.000 €. Ob sich der Politiker des Ausmaßes der Angebote und Umsätze des Schwarzmarkts bzw. der organisierten Kriminalität bewusst ist, scheint somit fraglich.

    Streichung oder Milderung teils schwerwiegender Straftaten

    Das Eckpunktepapier sorgt aber nicht nur bei Glücksspielexperten, Spielerschützern und der Polizei für Stirnrunzeln. So beabsichtigt der Minister auch die Streichung von Paragrafen betreffend andere nach StGB definierte Straftaten. 

    Nicht mehr nach StGB sanktioniert werden sollen etwa das Erschleichen von Leistungen (Schwarzfahren), das unerlaubte Entfernen vom Unfallort im Fall von ausschließlich Sachschäden, die Prostitution in Sperrbezirken und das Werben für Schwangerschaftsabbrüche. 

    Weiterhin läuten bei Kinder- und Jugendschützern aufgrund einiger Vorhaben die Alarmglocken. Nicht nur soll die Entziehung Minderjähriger ins EU-Ausland nicht mehr nach StGB bestraft werden, sondern auch die Mindeststrafe für den Besitz kinderpornographischer Inhalte auf sechs Monate gesenkt werden.

    Ob und in welchem Umfang die Bundesregierung die Vorschläge des Eckpunktepapiers umsetzen wird, bleibt abzuwarten. Die Stimmen gegen einen Teil der beabsichtigten Änderungen werden indes zunehmend lauter.

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