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YouTube geht hart gegen Poker-Content vor: Creator kämpfen um Reichweite und Existenz
YouTube macht es Poker-Content-Erstellern zunehmend schwer, ihre Inhalte zu verbreiten. Infolge neuer Richtlinien, die Mitte März 2025 eingeführt wurden, berichten zahlreiche Creator von massiven Problemen: Altersbeschränkungen, Löschungen, Demonetarisierungen und sogar Verwarnungen für Kanäle sind an der Tagesordnung – teils ohne nachvollziehbare Begründung.
Inkonsistenter Algorithmus und unklare Richtlinien
Einer der prominentesten Betroffenen ist Brad Owen, mit 775.000 Abonnenten einer der größten Poker-YouTuber weltweit. Owen erklärt, dass seine Videos ohne echten Anlass automatisch als „ab 18“ markiert würden.
Dabei verweist er darauf, dass er in seinen Inhalten „kaum bis gar keine Obszönitäten verwendet“ und lediglich 0,4 % seiner Zuschauer unter 18 Jahren seien. Die Folge: eine Reduktion der Reichweite um 90 %, was seine gesamte Arbeit erheblich beeinträchtige.
Die Maßnahmen scheinen nicht konsistent angewandt zu werden. So schildert Nick Eastwood, Mitglied des 888poker Stream Teams, seine Erfahrungen:
„Ich habe seit dem 10. April vier Streams gemacht. Zwei davon wurden mit einer Altersbeschränkung versehen, zwei nicht, obwohl sie völlig identisch waren.“
Diese Inkonsequenz zieht sich durch viele Berichte: Videos würden wegen angeblicher „schädlicher oder gefährlicher Aktivitäten, die ernsthafte körperliche Schäden verursachen könnten“ markiert – obwohl weder Inhalt noch Titel oder Vorschaubild solche Elemente aufweisen.
Selbst das Einspruchsverfahren zeigt sich wenig effektiv. Sarah Herring, Leiterin der Abteilung Instant Media bei PokerOrg, betont:
„Gerade wurde ein weiterer Einspruch genehmigt, in dem festgestellt wurde, dass der Inhalt nicht gegen die Community-Richtlinien verstößt. Aber herauszufinden, was genau markiert wird, scheint unmöglich.“
Massive finanzielle Einbußen für kleinere Creator
Für viele kleinere Poker-Creator hat die neue Praxis existenzbedrohende Folgen. Nick Eastwood berichtet, dass er nur noch 10 % seiner früheren Einnahmen aus Poker-Videos erziele – teilweise nur noch 2 £ pro Video.
Weazel, ein weiterer Poker-Streamer, habe durch die Aktivierung der freiwilligen 18+-Markierung den dramatischsten Rückgang verzeichnet: von üblicherweise 1.000–2.000 Aufrufen auf gerade einmal 150 Views.
Hinzu kommt: Die Möglichkeit, Sponsoren zu gewinnen oder bestehende Kooperationen aufrechtzuerhalten, schwindet rapide, da die Reichweite der Creator drastisch sinkt.
Poker-Community reagiert mit Enttäuschung und Protest
Zwar zeigten viele Zuschauer Verständnis dafür, Glücksspielinhalte generell auf über 18-Jährige zu beschränken. Doch viele waren überrascht zu erfahren, dass Creator wie Brad Owen ihre Inhalte ohnehin bereits als 18+ deklariert hatten.
In sozialen Medien wie X forderten Fans eine schnelle Lösung:
„YouTube sollte dieses Problem sofort lösen, bevor es noch mehr Schaden in der Poker-Community anrichtet.“
Die Unzufriedenheit wächst, nicht zuletzt, weil unklar bleibt, was genau zur Einschränkung der Videos führt.
Unklare Regeln für Poker-Inhalte
Ein Hauptproblem liegt in der unklaren Regeldefinition durch YouTube selbst:
- In den Richtlinien wird Poker widersprüchlich eingestuft: einerseits als Geschicklichkeitsspiel (ähnlich wie Schach), andererseits unter die Kategorie „Online-Glücksspiel“ gefasst.
- Inhalte, die zu nicht von Google zertifizierten Seiten führen oder Glücksspiel darstellen, sind grundsätzlich verboten.
- Seit dem 19. März 2025 sind auch URLs in Bildern, Logos und selbst verbale Erwähnungen als Glücksspielwerbung untersagt.
Die Zertifizierung von Pokerseiten erfolgt zudem landesspezifisch, wodurch Ersteller nicht sicher wissen können, welche Links erlaubt sind. Ein einheitliches Verzeichnis zertifizierter Seiten existiert nicht.
Schutzmaßnahmen für Poker-Creator: Nur Schadensbegrenzung möglich
Poker-Creator versuchen mittlerweile, sich durch verschiedene Maßnahmen zu schützen:
- Entfernen aller Links aus Videobeschreibungen und Videos.
- Vermeiden von Markennennungen oder Glücksspielbegriffen.
- Manuelle Altersbeschränkungen aktivieren, um YouTubes Automatismen zuvorzukommen – auch wenn dies die Reichweite weiter einschränkt.
- Direkte Kommunikation mit dem Publikum über andere Plattformen wie X oder Instagram.
- Konsequentes Einlegen von Einsprüchen, trotz geringer Erfolgsquote.
Ein Creator erklärt:
„Es ist besser, Videos unattraktiver zu machen, als eine Verwarnung und mögliche Kanallöschung zu riskieren.“
Warum geht YouTube überhaupt so hart gegen Poker-Inhalte vor?
Verschiedene Theorien kursieren in der Community:
- Fehlerhafte KI-Systeme könnten Poker durch Schlüsselwörter wie „GambleAware“, „Bonus“ oder „Cashout“ fälschlich als Glücksspiel erkennen.
- Druck von Werbekunden, die keine Glücksspiel-assoziierten Inhalte unterstützen wollen.
- Politische Entwicklungen in den USA, insbesondere strengere Regularien gegen Gewinnspiele, könnten YouTube zu einem generellen Vorgehen gegen Glücksspiel veranlassen.
Der Creator JustCallMe23 fasst es so zusammen:
„Vielleicht sind wir einfach Kollateralschaden in einer Testphase.“
Besorgniserregender Ausblick: World Series of Poker naht
Die Situation könnte sich weiter verschärfen: In wenigen Wochen beginnt die World Series of Poker, traditionell die Hochsaison für Poker-Inhalte auf YouTube.
Sarah Herring warnt:
„YouTube ist im Moment so ziemlich die einzige Plattform für lange Poker-Videos. Wenn sie uns nicht bald eine Lösung anbieten, könnte das katastrophale Folgen für das gesamte Genre haben.“
Viele Creator fürchten, dass sie gerade jetzt ihre wichtigste Einnahmequelle verlieren könnten.
Quellen:
Google: Community-Richtlinien von YouTube
Bildquelle: