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GambleAware: Spielerschutz in Großbritannien zu lax
Die britische Spielerschutzorganisation GambleAware hat eine von ihr in Auftrag gegebene Studie von Ipsos und der Universität Bristol veröffentlicht. Sie untersucht die sozialen und politischen Hebel, die zu einer verstärkten Regulierung des Glücksspielmarketings in Ländern mit vergleichbarer Politik und kulturellem Hintergrund geführt haben. Im Vergleich zu diesen Ländern sei das Vorgehen der britischen Behörden viel zu nachgiebig, so die Organisation.
Italien, Spanien, Deutschland, die Niederlande und Belgien als Vorbild?
Der Bericht von GambleAware erscheint nur wenige Tage, nachdem offizielle Daten ergeben haben, dass 85.000 Kinder zwischen 11 und 17 Jahren ein Glücksspielproblem haben.
In weiten Teilen Europas wurde derweil die Vermarktung von Glücksspielprodukten massiv eingeschränkt. Beschränkungen für die Werbung von Buchmachern und Casinos würden in ganz Europa zunehmend zur „Norm“, um auf Bedenken hinsichtlich der öffentlichen Gesundheit zu reagieren, so der Bericht.
Im Gegensatz dazu wurde im britischen Weißbuch zur Reform des Glücksspiels im digitalen Zeitalter der durch die Glücksspielvermarktung verursachte Schaden anerkannt. Allerdings entschied man sich dafür, weiterhin einen weitgehend selbstregulierenden Ansatz zu verfolgen.
GambleAware gab an, dass Großbritannien unter vergleichbaren Märkten in Europa die „mildeste“ Regulierung für Glücksspielwerbung habe und nannte dabei Italien, Spanien, Deutschland, die Niederlande und Belgien.
Mehr Spielerschutz: Politische Veränderungen gefordert
Das von Tony Blairs Regierung der Labour Party im Jahr 2007 eingeführte liberale System hat trotz Umfragedaten, die darauf hindeuten, dass zwei Drittel der Menschen der Meinung sind, dass es zu viel Glücksspielwerbung gibt und sogar noch mehr für strengere Beschränkungen in den sozialen Medien (74 %) und im Fernsehen (72 %) sind, an seiner Kursrichtung festgehalten.
GambleAware fordert politische Veränderungen, um die Bedenken der Öffentlichkeit hinsichtlich der Auswirkungen von Glücksspielmarketing zu berücksichtigen, darunter ein Verbot von Fernsehwerbung vor der Hauptsendezeit, Beschränkungen für Glücksspielinhalte und Online-Marketing sowie ein generelles Werbeverbot in allen Sportarten.
Da solche Maßnahmen nicht ergriffen werden, fordert die Wohltätigkeitsorganisation die Regierung auf, obligatorische Gesundheitswarnungen in der Art von Tabakwarnungen in die Werbung aufzunehmen. Die vorherige Regierung erklärte, sie könne keine neuen Werbebeschränkungen auferlegen, da es keine Beweise dafür gebe, dass die Förderung von Glücksspielen zu Schäden führe.
Aber GambleAware wies diese Schlussfolgerung zurück:
„Es gibt starke Belege dafür, dass Glücksspielwerbung die Teilnahme und damit das Risiko erhöht, den Schaden verschlimmert und Glücksspiel als harmlosen Spaß normalisiert, insbesondere bei Kindern.”
Schätzungen aus dem Jahr 2017 zufolge geben Glücksspielanbieter jährlich etwa 1,5 Milliarden Pfund für Werbung und Marketing aus. Eine separate Untersuchung der Universität Bristol, die auch den Bericht von GambleAware erstellt hat, ergab, dass Premier-League-Fans am Eröffnungswochenende dieser Saison fast 30.000 Glücksspielbotschaften ausgesetzt gewesen seien – ein Anstieg von 165 % gegenüber dem Vorjahr.
Dr. Raffaello Rossi, Autor beider Berichte und Marketingforscher an der Universität Bristol, sagte:
Unsere Forschung zeigt, dass Großbritannien die stärksten Anzeichen für die Schäden durch Glücksspielmarketing aufweist, aber einige der geringsten Beschränkungen in Europa hat. Dies deutet darauf hin, dass der Mangel an strengen Beschränkungen nicht auf unzureichende Beweise zurückzuführen ist, sondern auf einen Mangel an politischem Willen.“
„Werk der Interessenvertretung“: Branchenverband erkennt Studie nicht an
Ein Sprecher der Lobbygruppe der Branche, des Betting and Gaming Council (BGC), sagte, dieser Bericht sei ein Werk der Interessenvertretung, nicht der Wissenschaft, und basiere auf fehlerhaften Statistiken. Der BGC erkenne seine Ergebnisse oder Schlussfolgerungen daher nicht an.
Das Ministerium für Kultur, Medien und Sport scheint hingegen zu einer Richtungsänderung bereit zu sein. In einer Stellungnahme dem Guardian gegenüber erklärte ein Sprecher, dass man sich der Auswirkungen bewusst sei, die schädliches Glücksspiel auf Einzelpersonen und ihre Familien haben könne, und man sei fest entschlossen, den Schutz für gefährdete Personen zu verstärken.