Missbrauch von Glücksspiel-Statistiken: Britische Glücksspielbehörde spricht Mahnung aus

Britische Vertreter und Gegner der Glücksspielbranche sollen offizielle Spielsucht-Statistiken missbräuchlich verwendet haben.

Sonja Çeven Datum: Lesedauer: min.
zuletzt aktualisiert: 15.08.2023

Missbrauch von Glücksspiel-Statistiken: Britische Glücksspielbehörde spricht Mahnung aus

Britische Vertreter und Gegner der Glücksspielbranche sollen offizielle Spielsucht-Statistiken missbräuchlich verwendet haben.

Inhaltsverzeichnis

    Der CEO der britischen Glücksspielbehörde (UKGC), Andrew Rhodes, kritisiert den Missbrauch statistischer Daten in der Glücksspielbranche. In einem am 14. August 2023 veröffentlichten offenen Brief ermahnt Rhodes all diejenigen, die in die Diskussion um die Neuregulierung des Glücksspiels in Großbritannien involviert sind. Diese sollten statistische Ergebnisse korrekt wiedergeben und nicht aus dem Kontext reißen. 

    Die Mahnung des CEO richtet sich insbesondere an Branchenvertreter, die in den letzten Monaten die nationalen Erhebungen zu problematischem Spielverhalten und Spielsucht falsch dargestellt haben sollen. Doch auch die Gegner und Kritiker des Glücksspiels hätten sich des statistischen Missbrauchs schuldig gemacht, um ihre Interessen voranzubringen.

    Der Weg zum White Paper im Spannungsfeld gegensätzlicher Interessen

    Nach jahrelanger Arbeit hat die britische Regierung am 27. April 2023 ihr sogenanntes „White Paper” veröffentlicht. In diesem beschreibt sie auf rund 250 Seiten ihre Pläne zur Neuregulierung des Glücksspielsektors in Großbritannien. Die britische Glücksspielaufsicht befindet sich aktuell noch in der Konsultationsphase betreffend die Implementierung der vorgesehenen Regulierungsmaßnahmen. 

    Die Behörde steht dabei in stetem Austausch sowohl mit Vertretern der Branche als auch mit Spielerschutz-Organisationen. Auf beiden Seiten habe die Behörde missbräuchliche Verwendung statistischer Daten festgestellt, ebenso wie bei Medienanstalten und Sportveranstaltern.

    Rhodes erkenne an, dass Glücksspiel ein polarisierendes Thema sei, heißt es in dem Brief. Die Diskussionen darum gerieten daher schnell auf eine emotionale Ebene. Während jeder das Recht habe, seine Meinung zu äußern, sehe sich die Behörde aber nicht als Schlichtungsstelle. Keinesfalls hinnehmbar sei aber die absichtliche Verzerrung von Daten und Fakten. 

    Klarstellung: Die offiziellen Spielsucht-Zahlen

    Da die adressierten Parteien insbesondere bei den Spielsucht-Statistiken Missbrauch betreiben würden, schlüsselt Rhodes die offiziellen Zahlen in seinem Brief noch einmal im Detail auf. 

    Laut der jüngsten offiziellen Statistik der UKGC liegt bei zwischen 0,2 und 0,6 % der britischen Bevölkerung riskantes oder problematisches Spielverhalten vor. Im März 2023 hat die Behörde in dem Kontext die Zahl 0,3 % verwendet. Diese Zahl sei dann von verschiedenen Interessenvertretern der Branche falsch weiterverwendet worden. 

    So hätten diese ausgesagt, dass 99,7 % der Glücksspieler keine Risiko- oder Problemspieler seien. Laut dem im Mai dieses Jahres veröffentlichten Health Survey for England wiesen aber 0,8 % der Personen, die innerhalb der letzten 12 Monate am Glücksspiel teilgenommen hätten, problematisches Spielverhalten auf. 

    Auch sei die UKGC über Aussagen gestoßen, dass 0,3 % der Spieler „Risikospieler”, nicht etwa Problemspieler seien. Dies sei ebenfalls inkorrekt. Laut selbiger Erhebung fielen 1,2 % aller aktiven Glücksspieler in die Kategorie „moderates Risiko” und weitere 4 % in die Kategorie „geringes Risiko”.

    Einstufung des Spielverhaltens nach der PSGI-Skala

    Die Einstufung des Spielverhaltens von Glücksspielern erfolgt nach dem sogenannten „Problem Gambling Severity Index” (PSGI). Der Selbsttest besteht in der Regel aus neun Fragen mit vier Antwortmöglichkeiten. Die Antwort „nie” gibt null Punkte, die Antwort „manchmal” einen Punkt, die Antwort „häufig” zwei Punkte und die Antwort „fast immer” drei Punkte. Insgesamt gibt es also 27 mögliche Punkte. 

    Bereits bei 1-2 Punkten fallen Glücksspieler in die Kategorie „geringes Risiko”, zwischen 3 und 7 Punkten greift die Kategorie „moderates Risiko” und ab 8 Punkten gilt ein Spieler als Problemspieler mit sichtlichen negativen Auswirkungen auf das eigene Leben.

    Warnung an alle Parteien: Behörde meldet statistischen Missbrauch

    Der CEO der Glücksspielbehörde betont, dass er niemandem, der die Zahl der 0,3 % in falschem Kontext dargestellt habe, grundsätzlich böse Absichten vorwerfe. Zunächst gehe die Behörde bei jedem davon aus, dass lediglich ein Fehler unterlaufen sei, insbesondere dann, wenn andere Zahlen korrekt wiedergegeben würden. Dennoch mahnt er zur Vorsicht, da es sich um ein komplexes Thema handle. 

    Aus den Statistiken geht klar hervor, dass die Rate des problematischen Glücksspiels im Vergleich zu der Glücksspielbeteiligung insgesamt niedrig ist. Wenn wir aber unter die Oberfläche dieser Zahlen schauen, zeigt sich ein komplizierteres Bild und es ist erforderlich, dass die Statistiken korrekt verstanden und genutzt werden, wenn diese Themen diskutiert werden.” 

    Die Behörde habe mehrere Parteien bereits kontaktiert und zur Korrektur ihrer Aussagen in dem Kontext gebeten. Sollte keine Korrektur erfolgen, werde die UKGC die Fälle der zuständigen Regulierungsbehörde für Statistiken (OSR) melden. Auch dies sei bereits vorgekommen. Die Glücksspielaufsicht behalte sich auch das Recht vor, jedwede Partei, die sich der Korrektur verweigert, öffentlich anzugreifen.

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