Kritik an Meta: Glücksspielwerbung auf Facebook & Instagram

Meta in der Kritik: Bevorzugte Glücksspielwerbung auf Kosten des Verbraucherschutzes

Sabine Löwenberger Datum: Lesedauer: min.
zuletzt aktualisiert: 03.07.2025

Kritik an Meta: Glücksspielwerbung auf Facebook & Instagram

Meta in der Kritik: Bevorzugte Glücksspielwerbung auf Kosten des Verbraucherschutzes

Inhaltsverzeichnis

    Ungleichbehandlung bei Glücksspielwerbung auf Meta-Plattformen

    Meta, das Unternehmen hinter Facebook und Instagram, steht erneut massiv in der Kritik. Ein aktueller Bericht der britischen Open Rights Group (ORG) mit dem Titel „Profiling by Proxy: How Meta’s Data-Driven Ads Fuel Discrimination“ (Dt.: Datenanalyse durch Proxy: Wie datengesteuerte Anzeigen von Meta Diskriminierung fördern) legt offen, dass Meta in seinen Werberichtlinien mit zweierlei Maß misst.

    Transparenz an falscher Stelle?

    Während politische Anzeigen, darunter auch Aufklärungskampagnen zu den Gefahren von Glücksspiel, strengen Transparenzanforderungen unterliegen, genießen kommerzielle Glücksspielwerbeanzeigen weitaus mehr Freiheiten. So lautet der zentrale Vorwurf im Bericht:

    „Meta verlangt mehr Transparenz bei Werbung, die die Gefahren des Glücksspiels hervorhebt, als bei Werbung, die für Glücksspiel wirbt.“

    So müssen Organisationen, die politische Inhalte veröffentlichen wollen, sich identifizieren und ihre Anzeigen in Metas öffentlicher Anzeigenbibliothek listen lassen.

    Gleichzeitig könnten Anbieter von „Social Casino“-Spielen oder Sportwetten ihre Werbung ohne vergleichbare Offenlegung platzieren – ein Umstand, der für viele Beobachter nicht nachvollziehbar ist.

    Besorgniserregende Auswirkungen auf gefährdete Zielgruppen

    Besonders besorgniserregend ist der Einfluss dieser Werbepraxis auf gefährdete Personengruppen. Laut ORG geraten vor allem:

    • Menschen mit Spielsucht oder in der Erholungsphase,
    • Jugendliche unter 18 Jahren,
    • Menschen mit psychischen Erkrankungen oder finanziellen Problemen
      in das Fadenkreuz personalisierter Glücksspielwerbung.

    Die Grundlage für diese personalisierte Ansprache liefert Meta selbst. Mithilfe des Meta Pixel – einem auf Webseiten eingebauten Tracking-Tool – werden umfangreiche Verhaltensdaten gesammelt und Nutzerprofile erstellt.

    Diese Profile lassen Rückschlüsse auf Suchtverhalten, finanzielle Notlagen oder mentale Instabilität zu. Laut ORG würden diese Informationen dann gezielt für die Ausspielung von Glücksspielwerbung verwendet – oft ohne bewusste Zustimmung der betroffenen Nutzer.

    Datenweitergabe ohne Einwilligung: Systemversagen bei Meta und Glücksspielanbietern

    Der Bericht offenbart außerdem eine beunruhigende Praxis: Viele Wettanbieter geben bereits beim Laden ihrer Webseiten Nutzerdaten über den Meta Pixel an Meta weiter – ohne, dass die Nutzer zuvor ausdrücklich eingewilligt hätten. Diese Informationen gelangen an mehrere Werbetreibende, sodass Nutzer in der Folge mit einer Flut von Glücksspielanzeigen konfrontiert werden.

    Die Anzeigen stammten nicht nur von Websites, die Daten illegal weitergegeben hätten, sondern auch von einer ganzen Reihe anderer, betont der ORG-Bericht und spricht von einem „systemischen Versagen bei der Kontrolle des Datenmissbrauchs“.

    Kinder und Jugendliche besonders gefährdet

    Ein besonders alarmierendes Beispiel liefert das Tech Transparency Project. Im Jahr 2024 konnten Forscher mit Hilfe der generativen KI-Werbetools von Meta gezielt Werbung für Glücksspiel, Alkohol und Gewichtsabnahme an Nutzer im Alter von nur 13 bis 17 Jahren schalten. Dies geschah trotz bestehender Plattformregeln, die solche Inhalte für Minderjährige eigentlich ausschließen sollen. ORG warnt:

    „Trotz politischer Beschränkungen verdienen Social-Media-Plattformen riesige Summen mit dem Verkauf von Werbeflächen, die von jungen Menschen gesehen werden.“

    Das Problem sei nicht neu, werde aber durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz weiter verschärft.

    KI und personalisierte Werbung: Gefahr durch algorithmisches Targeting

    Mit der Einführung generativer KI in die Werbesysteme von Meta drohen laut Bericht neue Risiken. Die KI lernt aus Nutzerverhalten und -interaktionen und kann dabei bestehende Vorurteile und problematische Targeting-Muster verstärken. So heißt es:

    „Mit der Einführung generativer KI in die Werbetools von Meta werden sich die bestehenden Probleme hinsichtlich Intransparenz und mangelnder Rechenschaftspflicht wahrscheinlich verschärfen.“

    Das Hauptproblem: Fairness, Gleichberechtigung und Schutz gefährdeter Gruppen scheinen hinter wirtschaftlichen Interessen zurückzustehen. Die Interessen von Werbetreibenden haben Vorrang gegenüber dem Wohl der Plattformnutzer.

    Rechtliche Entwicklungen: High Court-Urteil gegen Sky Bet

    Der Bericht erscheint zu einem entscheidenden Zeitpunkt. Anfang 2025 sprach der britische High Court einem ehemaligen problematischen Spieler Recht zu, der gegen den Wettanbieter Sky Bet geklagt hatte.

    Dieser hatte den Kläger trotz bekannter Spielsucht mit personalisierter Glücksspielwerbung angesprochen – unter Verwendung von Cookies und Drittanbieterdaten.

    Das Urteil wird von Verbraucherschützern als Meilenstein bewertet. Es zeigt, dass Datenschutzverletzungen im Kontext von personalisierter Werbung nicht nur moralisch, sondern auch juristisch angreifbar sind.

    Neue Regulierungen durch die UK Gambling Commission

    Als Reaktion auf den zunehmenden öffentlichen Druck hat die UK Gambling Commission (UKGC) neue Standards für Glücksspielwerbung verabschiedet. Seit dem 1. Mai 2025 müssen Anbieter:

    • Nutzern die Möglichkeit geben, sich aktiv für bestimmte Produkttypen und Kommunikationskanäle zu entscheiden (Opt-in).
    • Sicherstellen, dass keine Werbung ausgespielt wird, für die keine explizite Zustimmung vorliegt.

    Während diese Regeln zunächst nur für Glücksspielanbieter gelten, wächst der Druck auf Tech-Giganten wie Meta, sich denselben Standards zu unterwerfen.

    Forderungen nach umfassenden Reformen

    Die Open Rights Group fordert in ihrem Bericht ein grundlegend neues Denken in Bezug auf digitale Werbung:

    • Das Erstellen und Nutzen von Nutzerprofilen soll nur auf Basis freiwilliger Einwilligung geschehen.
    • Es muss eine universelle Transparenzpflicht für alle Werbeanzeigen geben – nicht nur für politische Inhalte.
    • Besonders gefährdete Zielgruppen müssen stärker geschützt werden, z. B. durch Ausschluss von Glücksspielwerbung.

    Der Fall zeigt deutlich: Die Werbestrategien großer Plattformen wie Meta haben reale Auswirkungen auf das Leben von Menschen – insbesondere auf jene, die besonderen Schutz benötigen. Es liegt nun an Politik, Regulierung und Gesellschaft, dieser Verantwortung mit angemessenen Maßnahmen zu begegnen.

    Quelle:

    Open Rights Group (ORG)

    Bildquelle: 

    Pixabay geralt 

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