GamCare stellt Angebote für junge Menschen ein

Die britische Hilfsorganisation GamCare zieht sich aus der Prävention von Glücksspielsucht bei jungen Menschen zurück. Grund ist mangelnde nachhaltige Finanzierung.

Sabine Löwenberger Datum: Lesedauer: min.
zuletzt aktualisiert: 08.07.2025

GamCare stellt Angebote für junge Menschen ein

Die britische Hilfsorganisation GamCare zieht sich aus der Prävention von Glücksspielsucht bei jungen Menschen zurück. Grund ist mangelnde nachhaltige Finanzierung.

Inhaltsverzeichnis

    Ende einer Ära in der Glücksspielprävention: GamCare stellt Angebote für junge Menschen ein

    Die britische Hilfsorganisation GamCare hat bekannt gegeben, ihre Aufklärungs-, Präventions- und Unterstützungsangebote für junge Menschen unter 18 Jahren zum Ende September 2025 einzustellen. Ab Oktober 2025 wird es damit keine spezifischen Bildungs- oder Behandlungsangebote für Kinder und Jugendliche mehr durch GamCare geben.

    Jahrzehntelange Präventionsarbeit endet im September 2025

    Die Entscheidung kommt überraschend, da das sogenannte „Young People’s Programme“ über die letzten Jahre als zentrales Element der Schadensprävention im Glücksspielbereich galt.

    In einer offiziellen Stellungnahme heißt es:

    „Aufgrund fehlender nachhaltiger Finanzmittel hat GamCare die schwierige Entscheidung getroffen, seine Angebote für junge Menschen Ende September 2025 einzustellen.“

    Über 250.000 Menschen erreicht – Rückblick auf fünf Jahre Engagement

    Seit dem Start des Programms im Jahr 2020 konnte GamCare nach eigenen Angaben über 250.000 Kinder und Jugendliche, aber auch Eltern, Lehrkräfte und Fachkräfte in Großbritannien erreichen. Die Maßnahmen umfassten:

    • Workshops an Schulen
    • Präventions- und Frühinterventionsprogramme
    • Aufklärungskampagnen in Gemeinden
    • Individuelle Beratungsangebote für Betroffene

    Diese direkte Arbeit mit jungen Zielgruppen wird nun eingestellt – trotz der nach wie vor bestehenden Risiken durch Glücksspielsucht im digitalen Zeitalter.

    Finanzielle Herausforderungen trotz gesetzlicher Abgabe

    Die Einstellung der Jugendprogramme erfolgt nur wenige Monate nach der Einführung einer gesetzlichen Glücksspielabgabe („RET-Levy“) durch die britische Regierung im April 2025. Diese ersetzt das vorherige System freiwilliger Beiträge der Branche.

    Ziel ist es, jährlich bis zu 100 Millionen Pfund für Forschung, Prävention und Behandlung zu generieren.

    Die Mittelverteilung sieht vor:

    • 50 % für den Behandlungsbereich (z. B. NHS England)
    • 30 % für Prävention (OHID – Office for Health Improvement and Disparities)
    • 20 % für Forschung (UK Research and Innovation)

    Trotz dieses Meilensteins im Glücksspielsektor konnte GamCare keine ausreichende nachhaltige Finanzierung sichern, um das Jugendprogramm weiterzuführen.

    Unterstützung bleibt: Hotline, Live-Chat und Jugendbeirat

    Wenngleich die Programme für junge Menschen enden, bleiben zentrale Dienste von GamCare bestehen. Dazu gehört insbesondere die nationale Glücksspiel-Hotline (0808 8020 133) sowie der 24/7 Live-Chat, über den junge Menschen und deren Familien weiterhin Hilfe erhalten. GamCare erklärt:

    „Kinder, Jugendliche und ihre Familien können weiterhin Unterstützung erhalten, indem sie sich an die nationale Glücksspiel-Hotline […] oder über den Live-Chat wenden.“  

    Außerdem wird der Jugendbeirat („Youth Advisory Board“) nicht aufgelöst. Er soll sicherstellen, dass die Stimmen junger Menschen auch künftig in die strategische Arbeit der Organisation einfließen.

    Kontinuität durch YGAM: Prävention bleibt Thema

    Während GamCare sich aus der aktiven Jugendprävention zurückzieht, bleibt das Thema nicht unbesetzt. Der Young Gamers and Gamblers Education Trust (YGAM) wird auch künftig Programme für 7- bis 24-Jährige anbieten. Diese sind:

    • Evidenzbasiert
    • Teil des nationalen Rahmenplans für Glücksspielaufklärung
    • Ergänzt durch Schulungen für Lehrkräfte, Jugendarbeiter und Eltern

    YGAM nimmt somit eine Schlüsselrolle beim Schutz junger Zielgruppen ein.

    Neue Führung – neue strategische Ausrichtung bei GamCare

    Zeitgleich zur Umstrukturierung tritt Victoria Corbishley die Nachfolge als CEO von GamCare an. Die ehemalige Direktorin des Britischen Roten Kreuzes bringt langjährige Erfahrung im gemeinnützigen Sektor mit und übernimmt die Organisation in einer Phase tiefgreifender Veränderung.

    Unter ihrer Führung soll der Fokus verstärkt auf dem Ausbau hochwertiger Behandlungsangebote und gesellschaftlicher Aufklärung liegen. GamCare will künftig noch intensiver darauf hinwirken, dass Glücksspielsucht als soziales und psychisches Gesundheitsproblem anerkannt wird.

    Kritik an Finanzierungsstruktur und Abschied mit Wehmut

    Die Entscheidung zur Einstellung des Programms wird im Kontext der neuen gesetzlichen Struktur auch kritisch bewertet. Viele Akteure des dritten Sektors beklagen, dass die Finanzierungsverteilung der RET-Abgabe für kleinere Akteure wie GamCare nicht ausreichend planbar oder verlässlich sei.

    Das abrupte Aus könnte für viele junge Spieler überraschend kommen, kommentieren Branchenbeobachter. Dennoch signalisiert GamCare, dass man sich weiterhin aktiv in Prävention, Aufklärung und Behandlung einbringen wird – nun aber mit anderem Fokus.

    Ein tiefer Einschnitt – mit bleibenden Hoffnungen

    Mit der Einstellung seiner Programme für junge Menschen verliert Großbritannien ein wichtiger Baustein im Kampf gegen glücksspielbedingte Schäden bei Minderjährigen. Die Beibehaltung von Hotline, Live-Chat und Jugendbeirat sowie die parallelen Angebote von YGAM bieten allerdings eine gewisse Kontinuität.

    GamCare selbst bleibt eine zentrale Anlaufstelle im Kampf gegen Glücksspielsucht – auch wenn ein bedeutendes Kapitel der Jugendprävention im September 2025 zu Ende geht.

    Quelle:

    GamCare

    Bildquelle:

    Pixabay - Alexandra_Koch

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