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Europäischer Glücksspielmarkt wächst weiter – Deutschland kämpft mit Rückgängen im Online-Segment
Der europäische Glücksspielmarkt befindet sich weiterhin auf Wachstumskurs. Eine neue Studie der European Gaming and Betting Association (EGBA) in Kooperation mit H2 Gambling Capital, veröffentlicht am Montag, legt diese Entwicklungen umfassend offen.
Europäischer Glücksspielmarkt auf Wachstumskurs
Im Jahr 2024 verzeichnete der regulierte europäische Glücksspielmarkt einen Bruttospielertrag (BSE) von 123,4 Milliarden Euro, was einem Anstieg von 5 % gegenüber 2023 entspricht. Für das Jahr 2025 prognostizieren Experten ein weiteres Wachstum auf 127,7 Milliarden Euro, langfristig sogar auf 149,2 Milliarden Euro bis 2029.
Maarten Haijer, Generalsekretär der EGBA, kommentiert diese Entwicklung:
„Der Glücksspielmarkt in Europa verzeichnete 2024 ein stetiges Wachstum. Während das Glücksspiel vor Ort nach wie vor dominiert und in absoluten Zahlen weiter wächst, zeigen Online-Kanäle eine stärkere Dynamik, die durch veränderte Verbraucherpräferenzen und technologische Fortschritte angetrieben wird.“
Online-Glücksspiel gewinnt europaweit Marktanteile
Ein besonders dynamisches Wachstum zeigt sich im Bereich des Online-Glücksspiels. Der Anteil am Gesamtmarkt stieg von 37 % im Jahr 2023 auf 39 % im Jahr 2024. Für 2025 wird ein Marktanteil von 40 % und ein Umsatz von 51,1 Milliarden Euro erwartet – ein Meilenstein laut EGBA.
- 2024 lag der Online-Umsatz bei 47,9 Milliarden Euro
- Dominanz mobiler Endgeräte: 58 % der Online-Einnahmen entfielen 2024 auf mobile Nutzung (2023: 56 %)
- Prognose für 2029: Online-Umsatz von 66,8 Milliarden Euro, jährliches Wachstum von 6,9 %
Produktsegmente: Lotterien und Casinospiele dominieren
Im europäischen Glücksspielmarkt lassen sich deutliche Unterschiede in der Nutzung der verschiedenen Produktsegmente erkennen. Mit einem Umsatz von 38 Milliarden Euro bilden Lotterien das umsatzstärkste Segment. Dabei entfällt der Großteil mit 30,9 Milliarden Euro auf den landbasierten Bereich, während der Online-Vertrieb mit 7,1 Milliarden Euro deutlich geringer ausfällt.
Ein entgegengesetztes Bild zeigt sich bei den Casinospielen, deren Gesamtumsatz bei 30 Milliarden Euro liegt: Hier dominiert eindeutig der Online-Kanal, der mit 21,5 Milliarden Euro den Löwenanteil ausmacht, während lediglich 8,5 Milliarden Euro durch Spielbanken und landbasierte Angebote erzielt wurden.
Spielautomaten hingegen sind nach wie vor ein rein landbasiertes Produkt mit einem Gesamtumsatz von 24,9 Milliarden Euro. Auch bei den Sport- und Eventwetten, die einen Umsatz von 20,1 Milliarden Euro erreichten, ist der Trend klar:
Mit 13,7 Milliarden Euro stammt mehr als zwei Drittel der Einnahmen aus dem Online-Segment, was die zunehmende Bedeutung digitaler Wettplattformen unterstreicht.
Starke nationale Unterschiede – Skandinavien dominiert Online-Markt
Ein Blick auf die einzelnen Länder zeigt gravierende Unterschiede in der Verbreitung des Online-Glücksspiels:
- Schweden: 68,3 % der Glücksspieleinnahmen online
- Finnland & Dänemark: je 68,1 %
- Spanien: lediglich 14,2 % online
Auch bei der Marktgröße zeigt sich eine klare Hierarchie:
- Vereinigtes Königreich: 30,8 Mrd. Euro (2023)
- Italien: 25,5 Mrd. Euro
- Frankreich: 17,8 Mrd. Euro
- Deutschland: 17,7 Mrd. Euro
Deutschland: Regulierung mit Rückschlägen – Virtuelle Spielautomaten im Abwärtstrend
Während europaweit insbesondere das Online-Glücksspiel Marktanteile gewinnt und in vielen Ländern bereits zum dominierenden Vertriebsweg geworden ist, zeigt sich in Deutschland ein konträres Bild.
Zwar hat der deutsche Markt durch die Regulierung des virtuellen Automatenspiels seit 2022 Fortschritte gemacht, doch die jüngsten Zahlen zeigen: Die Erwartungen wurden nicht erfüllt – im Gegenteil. Der regulierte Markt verliert an Dynamik, während illegale Anbieter weiterhin florieren.
Im Jahr 2022 startete der regulierte Markt für virtuelle Automatenspiele in Deutschland zunächst vielversprechend. Bereits im ersten Jahr nach der Vergabe der ersten Lizenzen wurden 429,7 Millionen Euro an Steuern aus diesem Segment erzielt und bis zum Jahresende waren 60 lizenzierte Anbieter am Markt aktiv.
Doch trotz dieses dynamischen Starts zeichnete sich bereits im Verlauf des Jahres ein deutlicher Rückgang ab: Während im ersten Quartal noch 140,7 Millionen Euro an den Staat abgeführt wurden, sank dieser Wert bis zum vierten Quartal auf nur noch 78,8 Millionen Euro.
Dieser negative Trend setzte sich im Jahr 2023 ungebremst fort. Die Gesamteinnahmen aus der Automatensteuer beliefen sich auf lediglich 264,4 Millionen Euro, was einem Rückgang von 165,3 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr entspricht.
Auch im Jahr 2024 blieb eine Erholung aus: Die staatlichen Einnahmen aus dem virtuellen Automatenspiel sanken weiter auf 213,5 Millionen Euro, was einen weiteren Verlust von 50,9 Millionen Euro gegenüber 2023 bedeutet. Trotz stabiler Gesamteinnahmen im Glücksspielmarkt insgesamt zeigt sich damit für das Segment der virtuellen Automaten ein klar rückläufiger Trend.
Warum der regulierte Markt in Deutschland schwächelt
Die Ursachen für die negative Entwicklung des regulierten Marktes sind vielfältig:
- Eingeschränktes Spielangebot bei Marktstart
- Strenge Regulierungen wie:
- 5-Sekunden-Regel zwischen Spielrunden
- Verbot von Autoplay und Feature-Buy
- Einsatz- und Einzahlungslimits
- Kontrolle durch LUGAS und OASIS
- Schufa-Identitätsprüfung
- Fehlende Werbefreiheit
Illegale Anbieter nutzen diese Schwächen:
- Umfangreicheres Spielangebot (inkl. Tischspiele, progressive Jackpots)
- Attraktivere Bonusmodelle
- Keine Steuerpflichten (z. B. keine Automaten- oder Pokersteuer)
- Höhere Einsätze und Auszahlungsquoten
- Anonymität und Zugriff für gesperrte Spieler
Der Deutsche Online-Casino-Verband (DOCV) betont:
„Die Attraktivität des regulierten Marktes ist maßgeblich von der Breite des Spielangebots abhängig.“
Europa wächst digital, Deutschland droht, den Anschluss zu verlieren
Während der europäische Glücksspielmarkt – insbesondere im Online-Sektor – dynamisch wächst und bis 2029 voraussichtlich eine Parität zwischen Online- und landbasiertem Glücksspiel erreicht, verliert Deutschland trotz früher Regulierung an Boden.
Die gesetzlich geregelten Anbieter sehen sich mit einer Vielzahl von Auflagen konfrontiert, während illegale Plattformen weiterhin florieren. Ohne Anpassungen in der Regulierung könnte Deutschland im digitalen Glücksspiel den Anschluss an Europa verlieren.
Maarten Haijer fasst es treffend zusammen:
„Das Online-Glücksspiel dürfte sich bis 2029 der Parität mit dem landgestützten Glücksspiel annähern.“
Ob Deutschland Teil dieser Entwicklung sein wird, bleibt fraglich.
Quellen:
European Gaming and Betting Association (EGBA)
Bundesministerium der Finanzen
Bildquelle: Pixabay