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Das politisch unabhängige Grattan Institute im australischen Melbourne hat am Mittwoch einen neuen Bericht zum Glücksspielverhalten und zur Suchtprävention veröffentlicht. Der Bericht enthält Empfehlungen rund um die Verschärfung der geltenden Glücksspielgesetze. Insbesondere plädieren die Autorinnen dafür, Glücksspielwerbung zu verbieten und Verlustlimits bei Spielautomaten einzuführen.
Das Land mit den weltweit höchsten Glücksspiel-Verlusten
Die Empfehlungen des Berichts fußen auf Studienergebnissen, denen zufolge Australien weltweit das Land mit den höchsten Glücksspiel-Verlusten pro Kopf sei. Im Jahr 2023 habe der Pro-Kopf-Verlust bei 1.635 AUD [989 Euro] pro Jahr gelegen. Auf Platz zwei folge Hong Kong mit 1.284 AUD [776 Euro] und auf Platz drei Singapur mit 1.180 AUD [714 Euro].
Insgesamt beliefen sich die Glücksspiel-Verluste der australischen Bevölkerung auf 24 Mrd. AUD [14,52 Mrd. Euro], so eine weitere Zahl für die Jahre 2020/21. Die Hälfte dieser Verluste stehe im Zusammenhang mit landbasierten Spielautomaten, in Australien Pokies genannt. Sportwetten seien für ein Viertel der Gesamtverluste verantwortlich.
Spielautomaten, insbesondere außerhalb von Casinos, seien in Australien in größerer Anzahl zu finden als in den meisten anderen Ländern, heißt es im Bericht des Grattan Institutes. Von den insgesamt 185.000 elektronischen Spielgeräten befänden sich nur 7 % in Casinos.
Die schnellen Spielabläufe und hohen Einsatzmöglichkeiten stellten ein großes Risiko dar. An den meisten Spielgeräten könne man binnen einer Stunde 1.200 AUD [726 Euro] verlieren.
Dringende Präventionsmaßnahmen benötigt
Die Autorinnen des Berichts schlagen eine Reihe einzuführender Maßnahmen vor, um die Risiken des Glücksspiels zu vermindern und gegen Glücksspielsucht vorzubeugen. Basierend auf den Erfahrungen und Ansätzen anderer Länder solle die australische Regierung diverse Verbote und Limits einführen.
- Jedwede Form der Glücksspielwerbung solle verboten werden
- Die Anzahl der Spielautomaten solle Schritt für Schritt in allen Bundesstaaten reduziert werden
- Glücksspiel-ähnliche Spiele wie Social Casinos oder Lootboxen sollten mit einem Warnhinweis versehen werden
- Bei Online-Glücksspielen solle ein nationales Verlustlimit pro Tag, Monat und Jahr festgelegt werden
- Die einzelnen Staaten sollten tägliche, monatliche und jährliche Verlustlimits für Spielautomaten festlegen
- Die Möglichkeit einer nationalen Spielform-übergreifenden Limit-Datei (ähnlich dem deutschen LUGAS) solle geprüft werden
- Das Gesundheitsministerium solle die Verantwortung für Suchtberatung und -behandlung übernehmen
- Die Regierung solle in die Verbesserung der Suchtbehandlung sowie in die Suchtforschung investieren
Deuschlands LUGAS-System als Vorbild
Eindeutige evidenzbasierte Studien, dass alle der vorgeschlagenen Maßnahmen den gewünschten Erfolg bringen würden, liefern die Autorinnen hierbei nicht. Vielmehr werden die Erfahrungen einzelner Länder hervorgehoben. So loben sie das mit dem Glücksspielstaatsvertrag 2021 in Deutschland eingeführte Länderübergreifende Glücksspielaufsichtssystem (LUGAS) als innovative Spielerschuzmaßnahme.
Betreffend ein Totalverbot von Glücksspielwerbung hingegen berufen sich die Autorinnen auf das Scheitern eines partiellen Werbeverbots innerhalb Australiens. Demnach sei die Anzahl der TV-Werbespots nach der Einführung von Werbeeinschränkungen im Jahr 2017 tatsächlich drastisch angestiegen.
Das betreffe insbesondere Werbung nach 20:30 Uhr. Seien jeweils im zweiten Quartal 2016 und 2017 rund 5.000 Glücksspiel-Werbespots ausgestrahlt worden, habe sich die Zahl im Vergleichszeitraum 2018 und 2019 auf knapp 8.500 Spots erhöht.
Limits vs. Werbeverbot - Erkenntnisse aus anderen Ländern
Interessant ist in diesem Zusammenhang aber der erneute Blick in die Top 10 der Länder mit den höchsten Glücksspielverlusten. So befindet sich Italien mit Pro-Kopf-Verlusten von umgerechnet 410 Euro auf Platz 6 der Tabelle. Italien ist eines der wenigen europäischen Länder, in denen seit mehreren Jahren ein Totalverbot von Glücksspielwerbung und Sponsoring besteht.
Ebenfalls mit auf der Liste steht Norwegen an achter Stelle. In Europa ist Norwegen fast das einzige Land mit einem strikten staatlichen Glücksspielmonopol und ebenfalls entsprechenden Werbeverboten.
Großbritannien hingegen, welches vergleichsweise liberal mit der Glücksspielregulierung, auch in puncto Glücksspielwerbung, ist, befindet sich nicht unter den zehn Ländern.
Ebenso wie in Deutschland, welches ebenfalls nicht auf der Liste ist, gibt es in Großbritannien für viele Spielformen feste Einsatzlimits. Dieser Ansatz scheint daher zumindest in Bezug auf die möglichen Verluste der Spieler der wirksamste zu sein.