Großbritannien: Online-Glücksspiel schlecht für die Wirtschaft?

Laut der britischen Aktivistengruppe Campaign for Fairer Gambling schadeten die hohen Umsätze der Online-Glücksspiel-Branche der Wirtschaft mehr, als sie Steuern einbringen würden. Eine Steuererhöhung sei daher dringend notwendig.

Sonja Çeven Datum: Lesedauer: min.
zuletzt aktualisiert: 09.09.2024

Großbritannien: Online-Glücksspiel schlecht für die Wirtschaft?

Laut der britischen Aktivistengruppe Campaign for Fairer Gambling schadeten die hohen Umsätze der Online-Glücksspiel-Branche der Wirtschaft mehr, als sie Steuern einbringen würden. Eine Steuererhöhung sei daher dringend notwendig.

Inhaltsverzeichnis

    Die britische Aktivistengruppe Campaign for Fairer Gambling fordert eine Erhöhung der Steuern für Online-Glücksspiel-Anbieter. Angesichts des massiven Umsatzwachstums der Branche in den letzten Jahren sei eine höhere Besteuerung angemessen und erforderlich. Zudem sei die Online-Glücksspiel-Industrie aufgrund der im Vergleich zu anderen Branchen niedrigen Beschäftigtenzahl deutlich weniger wertvoll für die Wirtschaft als Ganzes.

    Wer profitiert vom Umsatzwachstum der Branche?

    Die Gruppe klagt, dass die Regierung im Rahmen der fortlaufenden Glücksspiel-Reform nicht ausreichend auf steuerliche und sozioökonomische Faktoren geachtet habe. Als Arbeitgeber bringe die Branche nur wenig Mehrwert, da insbesondere im Online-Glücksspiel nur wenige Arbeitsplätze zur Verfügung stünden bzw. überhaupt nötig seien, um Profite zu erzielen.

    Trotz der geringen Beschäftigungszahl in der Branche, erwirtschafte diese nämlich gigantische Umsätze. So seien die Umsätze aus dem Online-Glücksspiel allein vom Finanzjahr 2015/16 bis 2022/23 von 4,2 Mrd. GBP [4,98 Mrd. Euro] auf 6,5 Mrd: GBP [7,7 Mrd. Euro] angestiegen. 

    Es sei davon auszugehen, dass sich daraus für die Gesamtwirtschaft Verluste von 1,3 Mrd. GBP ergäben. Zudem verzichte der Staat auf Arbeitsplätze in alternativen Branchen, die insgesamt 2,6 Mrd. GBP in Form von Gehältern generieren könnten. 

    Weitere Zahlen belegten, dass die größten Online-Sportwetten-Portale allein im ersten Quartal des Finanzjahres 2023/24 insgesamt 24,5 Mrd. Wetten entgegengenommen hätten. Mehr als 9 Mio. Sitzungen, also der Zeitraum vom Login bis zum Verlassen des virtuellen Wettbüros, dauerten mehr als eine Stunde an. 

    Im Vergleich zu anderen Wirtschaftssektoren seien die Kosten für die Glücksspielanbieter bei alledem sehr gering. Es handle sich um eine „Aktivität mit hohen Gewinnspannen und geringen Kosten für die Betreiber”, schreibt die Gruppe in ihrem jüngsten Bericht. Würden die Kunden ihre Gelder für andere Dinge als Online-Glücksspiele ausgeben, wäre dies für das gesamte Wirtschaftssystem des Landes deutlich wertvoller. 

    Andere Industrien, wo die Glücksspieler ihr Geld ausgeben könnten, sind deutlich arbeitsintensiver als das Glücksspiel. Wenn Kunden also ihr Geld für alternative Nicht-Basiskonsumgüter ausgeben würden, würde dies für das allgemeine Wirtschaftsgeschehen einen Mehrwert bringen, Arbeitsplätze würden geschaffen und mehr Gehälter gezahlt.” 

    Da die Menschen aber schlussendlich frei entscheiden können, wofür sie ihr Geld ausgaben, müsse der Staat diesen Status Quo anders abfangen. Höhere Steuern für die Betreiber von Glücksspielen im Internet seien der erste notwendige Schritt. Darüber hinaus sollten Online-Glücksspiele nicht weiter beworben und gefördert werden.

    Britischer Branchenverband widerspricht

    Der britische Branchenverband Betting and Gaming Council (BGC) vertritt hier einen deutlich anderen Standpunkt. Allein die Mitglieder des Verbandes beschäftigten insgesamt 110.000 Angestellte, zahlten 4,2 Mrd. GBP Steuern und generierten weitere 7,1 Mrd. GBP Einkünfte für die weitere Wirtschaft. 

    Darüber hinaus fördere die vom Verband repräsentierte Glücksspielbranche die Sportindustrie mit Millionen-Sponsoring-Geldern für Pferderennen, Fußball, Rugby League, Snooker und Darts. 

    Indem man nun die Steuern erhöhe oder weitere Restriktionen einführe, trage man nicht zu einer Verbesserung der Gesamtsituation bei. Hierzu der BGC: 

    Unnötige Restriktionen für die Teilnehmer werden nicht dafür sorgen, dass diese alternativ in Kunstgalerien oder Museen gehen. Stattdessen werden sie in einen wachsenden, unregulierten und unsicheren Glücksspiel-Schwarzmarkt gedrängt, der absolut keine Gelder in die Wirtschaft, die Staatskassen oder den Sport fließen lässt und gleichzeitig keinerlei Spielerschutz bietet.” 

    Wie die frisch ernannte BGC-Vorsitzende Grainne Hurst betont, müsse man den Fokus auf Stabilität, Wachstum und Diversität der Branche legen. Das von der Regierung beschlossene White Paper sei bereits eine sehr gute Grundlage, um zielgerichteten Spielerschutz zu garantieren. 

    Zudem arbeiteten die Verbandsmitglieder bereits unermüdlich daran, die vielen neuen Vorgaben rund um Bonitätsprüfungen, verringerte Spieleinsätze etc. umzusetzen. 

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