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Länder treiben Reform des Glücksspielstaatsvertrags voran
Der Glücksspielstaatsvertrag 2021 ist am 1. Juli 2021 in Kraft getreten. Am 31. Dezember 2023 wurde er erstmals überprüft. Auf Basis dieser Evaluation liegt nun ein Entwurf für den Zweiten Änderungsstaatsvertrag vor.
Websperren werden erweitert und präzisiert
Ziel ist es, die Bekämpfung illegalen Glücksspiels wirksamer zu gestalten, Vollzugsinstrumente zu präzisieren und die Arbeit der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder zu erleichtern. In den Unterlagen heißt es zusammenfassend:
„Diese Änderungen verbessern die Instrumente zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels, gleichen unerwünschte Entwicklungen aus und erleichtern die Arbeit der Verwaltung und des Vorstands der GGL.“
Kernstück der Reform ist die Anpassung der Rechtsgrundlage für Netzsperren an die geänderte Rechtslage und die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung, unter anderem im Lichte des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. März 2025 mit dem Aktenzeichen 8 C 3.24.
Künftig entfällt das bisherige Verantwortlichkeitskriterium. Wörtlich heißt es:
„Künftig wird das Verantwortlichkeitskriterium für die IP-Sperrung aufgehoben, sodass auch Internet-Zugangsanbieter als Adressaten der Maßnahmen erfasst werden.“
Die Behörden sollen neben vollständigen Sperrverfügungen auch „die Beseitigung illegaler Inhalte“ anordnen können.
Technisch bleibt die Domain Name System Sperre als zentrale Umsetzungsform vorgesehen. Ein weitergehendes IP-Blocking wird mit Blick auf die Gefahr unbeabsichtigter Mitbetroffenheit legaler Inhalte zurückhaltend bewertet. Der Adressatenkreis der Maßnahmen kann nach der Begründung auch Domain-Registrare und nachgeordnete Verwaltungsstellen umfassen.
Diese werden im Rahmen des Digital Services Act als Vermittlungsdienste eingeordnet und fallen damit unter die neue Vorschrift. Zugangsnetzbetreiber sollen erst dann in Anspruch genommen werden, wenn Maßnahmen gegen Veranstalter oder Vermittler nicht durchführbar oder nicht erfolgversprechend sind. Vor Eingriffen bei Access Providern sind andere Intermediäre einzubeziehen, sofern dies wirksam sein kann.
Intensivere Zusammenarbeit und Datenaustausch
Die Abfragekompetenz der Genehmigungsbehörde nach § 4b Absatz 2 Nummer 2 GlüStV 2021 wird ausgeweitet. Künftig können Auskünfte nicht nur bei nationalen Strafverfolgungsbehörden eingeholt werden.
Angesichts international tätiger Antragsteller sollen Anfragen auch an ausländische Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden möglich sein. Die Begründung verweist darauf, dass Antragsteller häufig internationalen Konzernen angehören. Relevante Informationen müssen deshalb auch im Ausland abgefragt werden können.
Parallel dazu erweitert der Entwurf die Befugnis der Glücksspielaufsicht zur Zusammenarbeit und zum Datenaustausch nach § 9 Absatz 3a GlüStV 2021. Neben ausländischen Strafverfolgungsstellen können künftig auch in- und ausländische Sicherheitsbehörden sowie die Zentralstelle für Finanzermittlungen einbezogen werden.
Der Glücksspielbereich gilt als besonders kriminalitätsanfällig. Mehr Wissen und schneller Austausch sollen Folge- und Begleitkriminalität noch wirkungsvoller verhindern.
Sperrdatei: eindeutige Zuordnung und neue Bußgeldtatbestände
Für Abfragen der Sperrdatei konkretisiert der Entwurf die zulässigen Kennungen. Nach dem Staatsvertrag dürfen Abgleiche „nur unter Verwendung der Zugangskennung“ erfolgen, „die der jeweiligen Betriebsstätte im terrestrischen Bereich oder bei Online-Glücksspielen der jeweiligen Internet-Domäne zugewiesen ist“.
Die Offenlegung von Zugangsdaten sowie ihre Nutzung durch Dritte werden ausdrücklich untersagt. Zur Durchsetzung werden entsprechende Bußgelder in den Katalog des § 28a Absatz 1 aufgenommen. Ziel ist eine eindeutige Zuordnung jeder Abfrage und eine erleichterte Aufsicht. Missbrauch durch Weitergabe oder Duldung von Zugängen soll verhindert werden.
Governance der GGL: neue Wertgrenze und De-minimis-Option
Die Mitwirkung des GGL-Vorstands bei Vertragsabschlüssen wird neu geordnet. Künftig ist in der Satzung eine feste Wertgrenze von 100.000 Euro vorzusehen. Wird diese überschritten, ist der Vorstand unabhängig von der Vertragslaufzeit einzubeziehen.
Bislang musste der Vorstand immer für Verträge mit einer Laufzeit von fünf Jahren oder mehr entscheiden. Eine Wertgrenze gab es nicht. Um den Vorstand von Geschäften ohne wesentliche Bedeutung zu entlasten, kann die Satzung De-minimis-Grenzen für längerfristige, geringwertige Verträge vorsehen. Ziel ist, dass sich das Gremium auf grundlegende und wichtige Angelegenheiten konzentriert und die Verwaltung vereinfacht wird.
Mit einem neuen § 27h Absatz 6a wird die Vertraulichkeit der Sitzungen des Verwaltungsrats der GGL normiert. Dabei bleiben parlamentarische und amtliche Auskunftsrechte gewahrt. Die Begründung stellt klar, dass ohne die erforderliche Vertraulichkeit eine offene Meinungsbildung und eine neutrale Entscheidungsfindung beeinträchtigt würden.
Jahresabschlussprüfung wird gestrafft
Die Prüfung des Jahresabschlusses nach § 27m GlüStV 2021 soll weniger bürokratisch werden. Die bisherige Einbeziehung aller Rechnungshöfe der Trägerländer bei der Bestellung des Abschlussprüfers hat sich als nicht notwendig und zeitaufwendig erwiesen.
Künftig üben das Innenministerium Sachsen-Anhalt als Aufsichtsbehörde und der Rechnungshof Sachsen-Anhalt die Rechte nach § 53 Absatz 1 Nummer 1 HGrG allein aus. Mehrfach wird in der Begründung betont, dass die Bündelung Verfahren beschleunigt und Ressourcen schont.
Im Zuge der Novelle ist eine redaktionelle Korrektur des § 9a Absatz 1 Nummer 4 GlüStV 2021 vorgesehen. Materielle Änderungen sind damit nicht verbunden. Die Anpassung dient der Klarstellung und Angleichung.
EU-Notifizierung und möglicher Zeitplan
Die Reform wurde bei der EU-Kommission notifiziert. Die Stillhaltefrist läuft nach den vorliegenden Informationen bis zum 9. Oktober. Sofern keine Änderungen gefordert werden und keine Einwände anderer Mitgliedstaaten eingehen, könnten die Landesregierungen den Text unterzeichnen.
Es schließt sich die Ratifizierung in den Landtagen an. Nach aktuellem Planungsstand wären die erweiterten Netzsperren ab Mai 2026 möglich. Parallel läuft die gesetzlich vorgesehene Evaluation des GlüStV anhand mehrerer Studien. Ein Bericht soll bis Ende des Jahres vorliegen.
Über die nun anstehende Novelle hinaus bereiten die Länder eine größere Reform für 2029 vor. Ein künftiger Glücksspielstaatsvertrag 2029 würde zentrale Weichen in den Bereichen Vollzug, IP-Blocking, internationaler Datenaustausch und Zuständigkeitsordnung stellen.
Experten verweisen in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit einer klaren Steuerungswirkung. Das umfasst attraktive legale Angebote, wirksamen Spielerschutz und einen messbaren Rückgang des Schwarzmarkts. Die Intention des Gesetzespakets wird in den Unterlagen wie folgt formuliert:
„Künftig wird das Verantwortlichkeitskriterium für die IP-Sperrung aufgehoben, sodass auch Internet-Zugangsanbieter als Adressaten der Maßnahmen erfasst werden.“
Ebenso wird festgehalten:
„Neben der vollständigen Website-Sperrung umfasst die Rechtsgrundlage auch die Beseitigung illegaler Inhalte.“
Diese Änderungen sollen die Instrumente zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels verbessern, unerwünschte Entwicklungen ausgleichen und die Arbeit der Verwaltung und des Vorstands der GGL erleichtern.
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