Wie verlässlich sind Zahlen zur Spielsucht? UKGC untersucht Erhebungen

Die britische Glücksspielbehörde hat untersucht, warum verschiedene Spielsucht-Studien stark divergierende Zahlen zur Prävalenz hervorbringen.

Sonja Çeven Datum: Lesedauer: min.
zuletzt aktualisiert: 15.08.2025

Wie verlässlich sind Zahlen zur Spielsucht? UKGC untersucht Erhebungen

Die britische Glücksspielbehörde hat untersucht, warum verschiedene Spielsucht-Studien stark divergierende Zahlen zur Prävalenz hervorbringen.

Inhaltsverzeichnis

    Umfragen zur Häufigkeit problematischen oder pathologischen Spielverhaltens liefern seit Jahren sehr unterschiedliche Ergebnisse. Die britische Glücksspielaufsicht (UK Gambling Commission, UKGC) wollte wissen, warum die Zahlen so stark voneinander abweichen.

    Im Auftrag der Behörde hat Professor Patrick Sturgis mithilfe eines kontrollierten Experiments untersucht, wie sich verschiedene Methoden der Datenerhebung auf die Resultate auswirken. Dabei zeigte sich, dass vor allem die Anonymität der Befragung eine wichtige Rolle spielen könnte.

    Ehrlichkeit der Befragten in Studien

    Ein zentraler Bestandteil der Untersuchung war die Frage, ob und wie sehr der konkrete Ablauf einer Befragung die ermittelten Werte beeinflusst. Drei Aspekte standen dabei im Fokus:

    Erstens, ob in der Einladung zur Studie ausdrücklich von Glücksspiel die Rede ist. Zweitens, ob die Antworten im Beisein einer interviewenden Person gegeben werden. Drittens, ob die Liste der abgefragten Glücksspielarten kurz oder detailliert ist.

    Der maßgebliche Indikator für problematisches Spielen war der Problem Gambling Severity Index (PGSI). Das ist ein international gebräuchlicher Fragenkatalog, der anhand von neun Fragen einschätzt, ob und wie stark jemand Probleme mit dem eigenen Spielverhalten hat.

    Je höher der Wert, desto ausgeprägter die Probleme. Schon ein einziger Punkt bedeutet, dass die betreffende Person in gewissem Maß riskant spielt – wer gar nicht spielt oder keine Anzeichen zeigt, hat automatisch den Wert 0.

    Anonyme Online-Umfragen liefern größere Zahlen

    Das Ergebnis: Wenn in der Einladung ausdrücklich stand, dass es in der Umfrage um Glücksspiel geht, gaben spürbar mehr Personen an, im letzten Jahr gespielt zu haben – nämlich 4 Prozentpunkte mehr als in der Vergleichsgruppe ohne diesen Hinweis.

    Das heißt, dass bei 100 Befragen beispielsweise 54 statt 50 Personen angegeben haben, sich am Glücksspiel beteiligt zu haben. Bei den Ergebnissen zum PGSI-Wert von mindestens 1 waren es hingegen zwei Prozentpunkte mehr, was die Autoren der Studie aber als statistisch nicht signifikant bezeichnen.

    Am deutlichsten war der Unterschied beim Befragungsmodus: Wenn die Teilnehmenden den Fragebogen alleine online ausfüllten, berichteten sie deutlich häufiger problematisches Spielen als am Telefon mit einer interviewenden Person. Der Unterschied betrug auch hier etwa 4 Prozentpunkte, was in diesem Fall einer Steigerung um fast 50 % entspricht.

    Die Länge der Glücksspiel-Liste spielte kaum eine Rolle: Mit der ausführlicheren Liste berichteten nur 2 Prozentpunkte mehr Personen, dass sie gespielt haben. Beim PGSI-Wert gab es überhaupt keinen Unterschied.

    Methodik soll künftig stärker bewertet werden

    Die UKGC sieht in den Ergebnissen wichtige Hinweise darauf, warum die eigenen Daten aus der Gambling Survey for Great Britain (GSGB) systematisch höher ausfallen als jene aus traditionellen Gesundheitsbefragungen.

    Zwei Faktoren spielen dabei eine zentrale Rolle: die inhaltliche Fokussierung bereits in der Einladung und die fehlende soziale Präsenz bei Online-Befragungen.

    Laut der Studie könnten diese beiden Elemente zusammen die PGSI-Werte um etwa fünf bis sechs Prozentpunkte höher erscheinen lassen als bei einer gesundheitsbezogenen Einladung und einer Interviewerpräsenz.

    Ein direkter Vergleich mit der großen Gesundheitsumfrage Adult Psychiatric Morbidity Survey (APMS) 2023/24 verdeutlicht, wie groß die Unterschiede in der Praxis tatsächlich ausfallen.

    Bei der Befragung, die vorwiegend in Präsenz stattfand, zeigten nur etwa 4 von 100 Erwachsenen anhand ihrer Antworten Anzeichen für problematisches Spielen. In der GSGB 2023 waren es dagegen rund 14 von 100.

    Diese Diskrepanz fällt laut UKGC aber deutlich größer aus, als allein durch die gemessenen Methodeneffekte erklärbar wäre. Die Kommission will deshalb ihre Leitlinien zur Interpretation der GSGB-Daten überarbeiten und künftige Ergebnisse stärker im Kontext der methodischen Unterschiede zu anderen Umfragen einordnen.

    Zudem sollen weitere Vergleichsstudien mit parallelen Face-to-Face-Erhebungen folgen, um den verbleibenden Ursachen für die teils großen Abweichungen auf den Grund zu gehen.

    Quellen: UKGC, LSE Research

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    Suchtprävention und Beratung

    Wenn aus dem Spiel Ernst wird: Aktuellen Studien zufolge liegt die Zahl der Personen, die Suchtverhalten beim Glücksspiel aufweisen, zwischen 134.000 und 416.000. Spielteilnahme erst ab 18 Jahren. Glücksspiel kann süchtig machen. Infos und Hilfe unter www.bzga.de.

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