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Italiens Totalverbot von Glücksspiel-Werbung und Sponsoring könnte schon bald Geschichte sein. So hat die Kommission für Kultur und Bildung des italienischen Senats Mitte letzter Woche die von der Partei Fratelli d’Italia vorgebrachten Resolution „Perspektiven zur Reformierung des italienischen Fußballs” abgesegnet.
Im Rahmen des Maßnahmenpaketes zur „Rettung des Fußballs” soll unter anderem das 2018 verabschiedete Decreto Dignità in bestimmten Punkten überarbeitet werden. Mit dem Dekret waren seit dem 1. Januar 2019 alle Formen der Werbung für Glücksspiel und Sportwetten sowie das damit einhergehende Sportsponsoring verboten.
Nun sollen Einnahmen aus dem Glücksspielsektor wieder für Investitionen im Sport genutzt werden. Die Opposition kritisiert, dass dies eine indirekte Rückkehr zum Glücksspiel-Sponsoring sei und die Weichen für direkte Glücksspielwerbung gestellt würden.
Hat das Werbeverbot die Falschen getroffen?
Der Entscheidung der Senatskommission seien umfangreiche Untersuchungen und Konsultationen vorausgegangen, berichten italienische Medien. Seit Februar letzten Jahres seien insbesondere Akteure aus dem Sport angehört worden, darunter Vertreter der ersten und zweiten Fußball-Liga (Seria A und Seria B), einzelner Profi-Vereine sowie Schiedsrichterverbände.
Mit der nun abgesegneten Resolution werde die Regierung aufgefordert, das Decreto Dignità in Bezug auf die Regelungen zur Glücksspielwerbung und zum Sportsponsoring zu überarbeiten. Es gehe nicht darum, das Verbot komplett abzuschaffen, sondern eine Kompromisslösung zu finden.
Das Werbeverbot in seiner aktuellen Form habe ohnehin nicht die erwünschten Spielerschutz-Effekte gehabt, argumentiert die Partei Fratelli d’Italia. Senator Paolo Marcheschi kommentiert:
„Niemand möchte Spielsucht fördern, aber wir als Gesetzgeber müssen auch anerkennen, wenn etwas nicht funktioniert hat und nicht die Ergebnisse liefert, auf die wir gehofft haben.”
Ein Hauptproblem sei, dass das Werbeverbot letztendlich nur die lizenzierten Anbieter und den Profisport getroffen habe. Illegale Schwarzmarkt-Anbieter hätten sich davon nie abschrecken lassen. Vor allem im Internet bzw. auf Social-Media-Plattformen sei illegale Glücksspiel-Werbung allgegenwärtig.
Opposition sieht Einfallstor für Werbe-Flut
Seit Einführung des Werbe- und Sponsoringverbots hätten die Fußball-Ligen indes Verluste im dreistelligen Millionenbereich hinnehmen müssen. Der Senat schlägt daher vor, 1 % der Einnahmen aus Glücksspielen und Sportwetten direkt in den Sport fließen zu lassen.
Die Gelder sollen in einem Fonds gesammelt werden und auch dem Bau neuer Stadien und der Modernisierung bestehender Sportanlagen zugutekommen. Neben dem Profisport solle auch mehr in den Breitensport und die Förderung junger Talente investiert werden.
Gleichzeitig solle ein Teil der Glücksspieleinnahmen auch zur Spielsuchtprävention genutzt werden. Aus den Reihen der Oppositionspartei Partito Democratico kommt harsche Kritik. Der finale Resolutionstext lasse bezüglich Sponsoring und Glücksspielwerbung zu viel Interpretationsspielraum. Fraktionsvorsitzender Francesco Boccia sagt:
„Wir haben darauf bestanden, dass der Teil der Resolution, der das Werbe- und Sponsoring-Verbot faktisch außer Kraft setzt, gestrichen wird. Aber scheinbar sind die mit den Wetten verbundenen wirtschaftlichen Einnahmen für die Mehrheit deutlich wichtiger.”
Die Regierung habe nun sechs Monate Zeit, den zuständigen Parlamentskommissionen einen Bericht vorzulegen und darzulegen, inwieweit die in der Resolution beschlossenen Maßnahmen und Verpflichtungen konkret umgesetzt werden. Ob dies wirklich der Anfang vom Ende des Werbeverbots in Italien ist, bleibt abzuwarten.
Quellen: Senato della Repubblica, Pagella Politica, Federconsumatori