Illegales Online-Glücksspiel dominiert den EU-Markt

Eine neue Yield-Sec-Analyse zeigt: Nicht lizenzierte Anbieter kontrollieren rund 71 % des EU-Online-Glücksspielmarkts. Der Schwarzmarkt wächst schneller als der legale Sektor und verursacht Milliardenverluste.

Sabine Löwenberger Datum: Lesedauer: min.
zuletzt aktualisiert: 27.08.2025

Illegales Online-Glücksspiel dominiert den EU-Markt

Eine neue Yield-Sec-Analyse zeigt: Nicht lizenzierte Anbieter kontrollieren rund 71 % des EU-Online-Glücksspielmarkts. Der Schwarzmarkt wächst schneller als der legale Sektor und verursacht Milliardenverluste.

Inhaltsverzeichnis

    Illegales Online-Glücksspiel dominiert den EU-Markt – Studie weist 71 % Anteil aus

    In Europa entfällt ein Großteil der Umsätze im Online-Glücksspiel auf illegale Angebote. Laut einer am Dienstag veröffentlichten Studie von Yield Sec, erstellt im Auftrag der European Casino Association (ECA), liegt der Marktanteil nicht lizenzierter Anbieter bei 71 %. Mit 71 % fließe somit der Löwenanteil in die Taschen der illegalen Anbieter, heißt es in der Analyse.

    Wachstumsschub im Schwarzmarkt – legale Anbieter abgehängt

    Yield Sec definierte als illegale Anbieter alle Betreiber ohne Online-Lizenz im jeweiligen Land. Untersucht wurden Umsätze aus Online-Casinos und Online-Sportwetten, digitale Lotterien blieben unberücksichtigt. In Summe registrierten die Forscher mehr als 6.200 aktive Schwarzmarkt-Plattformen in Europa, die illegales Online-Glücksspiel vermarkten.

    Für die EU-27 quantifiziert die Studie den Bruttospielertrag (GGR) des illegalen Segments mit 80,6 Mrd. € – bei einem Gesamtmarkt von 114,3 Mrd. €. Demgegenüber erzielten regulierte Betreiber 33,6 Mrd. € GGR (29 % Marktanteil).

    Die illegale Branche verzeichnete 2024 einen überproportionalen Zuwachs: Die Erträge stiegen um 53 % gegenüber dem Vorjahr, während der legale Sektor um 30 %“ wuchs. Insgesamt legte das Marktvolumen 2024 auf rund 114 Mrd. € zu (+46 %). Der Befund: Der Schwarzmarkt wächst zweistellig und deutlich schneller als der regulierte.

    Die Online-Sichtbarkeit illegaler Inhalte ist erdrückend:

    „92 % aller Glücksspielinhalte, die EU-Verbraucher im Jahr 2024 online gesehen haben, standen mit nicht lizenzierten Anbietern in Verbindung.“

    Diese Präsenz führte zu hoher Interaktion: 81 Mio. Europäer – rund 18 % der Bevölkerung – interagierten im Laufe des Jahres mit illegalen Diensten.

    Regionale Unterschiede: Osten am stärksten betroffen

    Die Studie zeigt deutliche regionale Divergenzen. Osteuropa gilt als am stärksten gefährdet: 82 % der 35,5 Mrd. € Online-Glücksspieleinnahmen stammen dort aus illegalen Quellen.

    In Westeuropa eroberten nicht regulierte Anbieter 72 % eines 44,3 Mrd. € großen Marktes. Südeuropa (illegal 58 %) und Nordeuropa (55 %) liegen etwas niedriger, aber weiterhin im dominanten illegalen Bereich.

    Die Kanalisierung in den skandinavischen Ländern ist im EU-Vergleich am höchsten: 45 % des Online-Umsatzes entfallen dort auf legale Angebote. In Zentraleuropa beträgt der lizenzierte Anteil nur 28 %, in den osteuropäischen Märkten gar 18 %.

    Fiskalische Schäden und Marktverzerrung

    Die Folgen sind erheblich – für öffentliche Haushalte wie für regulierte Anbieter. Den EU-Staaten entgingen 2024 rund 20 Mrd. € an Steuereinnahmen durch illegales Glücksspiel. Die Ertragsrelation macht die Schieflage greifbar: „Für jeden Euro, den regulierte Anbieter verdienten, generierten illegale Wettbewerber 2,40 €.“

    Mehrere Faktoren begünstigten den illegalen Boom. Große Sportevents wie die Fußball-EM und die Olympischen Spiele boten fruchtbaren Boden für nicht lizenzierte Seiten, die illegale Live-Übertragungen mit aggressivem Marketing und Boni kombinierten, „die weit über das hinausgingen, was regulierte Unternehmen rechtmäßig anbieten konnten“.

    Zusätzlich trieben das Wachstum: der Anstieg von Krypto-Glücksspielen und Prognosemärkten, insbesondere unter jüngeren Zielgruppen.

    Methoden der Schwarzmarktanbieter: Täuschung und Null-Compliance

    Illegale Betreiber nutzten ein breites Arsenal an Täuschungstaktiken: gefälschte positive Bewertungen, Nationalflaggen und Banklogos zur Vertrauensmimikry sowie Social-Media-Plattformen wie TikTok, Twitch und Instagram für die Akquise.

    Teilweise kamen sogar Deepfakes für gefälschte Prominenten-Werbung zum Einsatz. Dank fehlender Compliance-Pflichten ermöglichen diese Plattformen schnelle Registrierung ohne KYC, leicht veränderbare Einzahlungslimits und plattformübergreifende Produkte ohne Anforderungen an verantwortungsvolles Spielen.

    Hinzu kommt ein Regel-Pull-Effekt: Strengere Vorgaben für lizenzierte Anbieter – etwa Bonus- und Marketingrestriktionen sowie verpflichtende Spielerschutz-Tools – erhöhen die Abwanderungsanreize hin zu unregulierten Offerten.

    Der „Jenga-Turm-Effekt“: Wie Regeln den legalen Sektor schwächen

    Die Studie beschreibt das resultierende Ungleichgewicht als „Jenga-Turm-Effekt“: Mit jeder zusätzlichen Beschränkung für regulierte Unternehmen lockern sich die Stützen des legalen Marktes, während illegale Akteure die Lücken ausnutzen und Marktanteile gewinnen.

    Die Konsequenz ist eine zunehmende Erosion des regulierten Sektors – mit spürbaren Auswirkungen auf Verbraucherschutz, Marktintegrität und staatliche Einnahmen. Die Yield-Sec-Analyse zieht ein klares Fazit:

    „Die Bekämpfung des illegalen Online-Glücksspiels erfordert mehr als nur die Regulierung lizenzierter Unternehmen.“

    Notwendig sei eine gemeinsame Anstrengung von Regierungen, Regulierungsbehörden und Branchenakteuren, um kriminelle Aktivitäten aufzudecken und zu unterbinden sowie Überwachungs- und Durchsetzungsmaßnahmen zu intensivieren.

    Ohne solche Schritte drohten eine weitere Erosion des regulierten Sektors und anhaltende Einnahmeverluste für die öffentlichen Haushalte – bei gleichzeitig steigenden Risiken für Verbraucher durch Betrug, problematisches Spielen und fehlenden Schutz.

    Quellen:

    Yield Sec

    Bloomberg

    Bildquelle:

    Yield Sec

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