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Glücksspiel und Gaming: MV fordert stärkeren Jugendschutz bei Lootboxen
Jugend- und Gesundheitsministerin Stefanie Drese (SPD) hat am Wochenende die Gamescom in Köln, die weltweit größte Messe für Videospiele und E-Sports, besucht. Im Mittelpunkt standen Gespräche mit Branchenexperten, Vertretern der Spielebranche und Gamern zu Lootboxen, Suchtprävention und Jugendschutz. Ihr Fazit: „Der Handlungsbedarf ist groß.“
Wie präsent Gaming im Alltag Jugendlicher ist
Drese betont die Relevanz des Themas angesichts hoher Nutzungsraten:
„Rund 72 Prozent der Kinder und Jugendlichen zwischen 12-19 Jahren [spielen] mehrmals die Woche oder sogar täglich“
Werktags seien es im Durchschnitt etwa 90 Minuten, an Wochenenden rund drei Stunden. In diesem Kontext kämen junge Menschen oftmals mit kostenpflichtigen Lootboxen in Kontakt.
Warum Lootboxen dem Glücksspiel ähneln
Lootboxen sind virtuelle Schatztruhen, deren zufallsbasierte Inhalte zum Beispiel ein schnelleres Vorankommen im Spiel versprechen. Bezahlt wird mit echtem Geld – über den Tausch in eine spieleigene Währung oder direkt per In-App-Kauf. Das Kernproblem beschreibt Drese so:
„Die Spielerinnen und Spieler wissen beim Kauf nicht, was sie für ihr Geld erhalten. Besondere Raritäten, begehrte Gegenstände oder das Freischalten bestimmter Charaktere sorgen aber dafür, dass die Lootboxen immer wieder zum Einsatz von echtem Geld verleiten. Damit ähnelt das Prinzip stark den Mechanismen des Glücksspiels.“
Die Ministerin betont damit den Glücksspiel-Charakter der Lootbox-Mechanik: Ungewissheit über den „Gewinn“, Anreize durch Seltenheiten und die wiederholte Zahlung echten Geldes.
Risiken: Abhängigkeiten, finanzielle Probleme, Überschuldung
Aus Jugendschutzsicht warnt Drese vor erheblichen Risiken: Junge Menschen könnten „in Abhängigkeiten geraten oder sich finanziell in Schwierigkeiten begeben bis hin zur Überschuldung“. Das Thema Medien- und Spielsucht gewinne an Bedeutung; man müsse dem etwas entgegensetzen.
Empirische Hinweise stützen die Sorgen: Eine Studie der Universität Graz (2024) zeigt, dass über 40 Prozent der 10- bis 19-Jährigen In-Game-Käufe tätigen. Vor diesem Hintergrund sei eine stärkere Regulierung angezeigt.
Für die Spieleindustrie sind Lootboxen eine beliebte Einnahmequelle, die fast die Hälfte der Umsätze ausmacht. Genau diese wirtschaftliche Attraktivität verstärkt aus Sicht des Jugendschutzes die Notwendigkeit von Regeln, um Glücksspiel-ähnliche Anreize einzuhegen, ohne den Spielspaß grundsätzlich zu beeinträchtigen.
Politikpaket: Transparenz, Warnhinweise und Medienbildung
Drese skizziert konkrete Maßnahmen für mehr Schutz Minderjähriger vor Glücksspiel-ähnlichen Mechanismen:
- Transparenzpflichten: „Verpflichtung zur transparenten Offenlegung von Inhalten und Gewinnwahrscheinlichkeiten“ bei Lootboxen.
- Warnhinweise: „Verpflichtende Warnhinweise zu den Gefahren von Glücksspiel, wie sie zum Beispiel auch bei Werbung für Lottoanbieter gilt.“
- Bildungsoffensive: Aufnahme der Themen Lootboxen und Pay-2-Win-Mechanismen in Lehrpläne zur Medienbildung an Schulen, um junge Menschen zu sensibilisieren.
Bundesratsinitiative aus Mecklenburg-Vorpommern
Mecklenburg-Vorpommern plant, Ende September einen entsprechenden Antrag im Bundesrat einzubringen. Ziel ist eine bundesweite Diskussion über Präventionsmaßnahmen und regulative Möglichkeiten zum Schutz Minderjähriger im Gaming-Kontext. In der Begründung wird explizit auf den Glücksspiel-ähnlichen Charakter von Lootboxen verwiesen.
International zeigt sich eine wachsende Regulierungstendenz: In Belgien sind Lootboxen bereits verboten. In den Niederlanden und Spanien werden strengere Verbraucherschutzregelungen diskutiert. Auch die Europäische Kommission fordert, Minderjährige besser vor kostenpflichtigen Lootboxen und ähnlichen Glücksspiel-Mechanismen zu schützen.
Für Betroffene verweist Drese auf die Suchtberatungsstellen im Land sowie die Landeskoordinierungsstelle für Suchtthemen (LAKOST). Die Bekämpfung der Glücksspielsucht ist dort ein Schwerpunkt; angeboten werden u. a. Fortbildungen und Workshops für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren. Drese setzt auf Kooperation mit allen Beteiligten:
„Mein Ziel ist es, gemeinsam mit der Branche, der Politik und den Familien verantwortungsvolle Lösungen zu finden, die den Spielspaß erhalten, aber Kinder und Jugendliche wirksam vor den Risiken schützen.“
Neben klaren Regeln und Transparenz soll der kontinuierliche Austausch mit der Spieleindustrie tragfähige, praxisnahe Lösungen ermöglichen.
Quelle:
Mecklenburg-Vorpommern Ministerium für Soziales, Gesundheit und Sport
Bildquelle:
Mecklenburg-Vorpommern Ministerium für Soziales, Gesundheit und Sport