Glücksspiel in Belgien: Überforderung durch Überregulierung?

In ihrem Jahresbericht 2024 beklagt die belgische Glücksspielbehörde die überbordende Regulierung bei gleichzeitig fehlenden Ressourcen.

Sonja Çeven Datum: Lesedauer: min.
zuletzt aktualisiert: 21.10.2025

Glücksspiel in Belgien: Überforderung durch Überregulierung?

In ihrem Jahresbericht 2024 beklagt die belgische Glücksspielbehörde die überbordende Regulierung bei gleichzeitig fehlenden Ressourcen.

Inhaltsverzeichnis

    Die belgische Glücksspielbehörde beklagt eine politisch verordnete Überregulierung, die ihre Handlungsfähigkeit erheblich einschränkt. In ihrem am Montag veröffentlichten Jahresbericht 2024 warnt die Behörde, dass sie ihren gesetzlichen Auftrag zum Schutz der Spieler und zur Kontrolle der Betreiber aktuell nicht erfüllen könne.

    Es mangele an Personal in allen Abteilungen sowie an Infrastruktur, finanziellen Mitteln und unmissverständlichen Gesetzen. Aufgrund fehlender Ressourcen sei es der Behörde auch nicht möglich gewesen, in ihrem Bericht verlässliche Finanzdaten des Glücksspielmarktes für das Jahr 2024 vorzulegen.

    Eine Flut von neuen Gesetzen und Regulierungen

    Das Jahr 2024 sei für die belgische Glücksspielbehörde (Commission des Jeux de Hasard, CJH) kein einfaches gewesen, schreibt die Kommissionspräsidentin Magali Clavie im Vorwort des Berichts. Es sei geprägt gewesen von zahlreichen neuen Gesetzen und Verordnungen, die oft ohne Rücksprache mit der CJH verabschiedet worden seien.

    So habe Regierung 2024 das Mindestalter zur Glücksspielteilnahme von 18 auf 21 Jahre heraufgesetzt, das Verbot von Glücksspielwerbung gesetzlich verankert, das Verbot der Bonus-Vergabe im Online-Glücksspiel ausgeweitet und eine Strafbarkeit falscher Angaben auf Seiten der Spielerinnen und Spieler eingeführt.

    Zudem sei auch erstmals eine Art Kumulverbot für Glücksspiele beschlossen worden, welches es Glücksspiel-Anbietern untersagt, auf einer einzigen Website mehrere Arten von Glücksspielen parallel anzubieten, z.B. Online-Slots und Sportwetten. Vor vielen dieser Neuerungen habe die Behörde im Vorfeld gewarnt, sei aber von der Politik übergangen worden.

    In der Praxis seien die Gesetze teils widersprüchlich, schlicht nicht umsetzbar oder dem Spielerschutz eben gerade nicht zuträglich. Einige Regeln seien so komplex, dass der Vollzug auf Seiten der Behörde praktisch zum Erliegen gekommen sei. In der Summe hätten sie für einen enormen Mehraufwand bei der Kontrolle gesorgt, ohne dass die Behörde gleichzeitig mit zusätzlichen Ressourcen ausgestattet worden sei.

    Zu allem Überfluss laufe darüber hinaus der aktuelle Mietvertrag für die Räumlichkeiten der Behörde aus, wofür es ebenfalls noch keine Lösung oder Alternative gebe.

    Glücksspielbehörde fordert mehr Personal und Ressourcen

    Damit die Behörde künftig ihre Regulierungsarbeit erwartungsgemäß erledigen könne, müssten mehrere Grundvoraussetzungen erfüllt werden. Vor allem benötige die CJH mehr Personal und mehr Budget sowie mehr Entscheidungsfreiheit in genau diesen zwei Bereichen.

    Auch müsse die analoge sowie digitale Infrastruktur deutlich modernisiert werden. Laut Clavie sei es notwendig, sich an den europäischen Standards zu orientieren und auch die Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden anderer Länder weiter auszubauen. Mit dem Gambling Regulators European Forum (GREF) habe die CJH bereits intensiver kooperiert.

    Die Kommissionspräsidentin appelliert daher offen an die Politik, der Behörde die Weichen für eine funktionierende Regulierung der Branche zu stellen:

    Ist es wirklich zu viel verlangt, dass die Kommission die Kompetenzen und Kapazitäten erhält, um genau die starke und unabhängige Regulierungsbehörde zu werden, die sie sein sollte? Diese Frage zu stellen, liefert vielleicht keine Antwort, spiegelt aber unsere Stimmung und Empfindungen der letzten Jahre wider. Es wurde schon zu viel Zeit verloren. Es wäre schade und beklagenswert, noch mehr davon zu verschwenden.

    Einen Hoffnungsschimmer liefere indes das am 31. Januar 2025 getroffene Regierungsabkommen, welches die Zuständigkeit für die Glücksspielbehörde verschiebt, so Kommissionsleiter Steve Mees.  Diese liege künftig allein beim Wirtschaftsminister, statt wie bisher bei einem Gremium aus sechs verschiedenen Ministern.

    Das Jahr 2024 in Zahlen

    Neben den zahlreichen Kritikpunkten, Hinweisen und Forderungen enthält der Jahresbericht aber auch einige Zahlen für das Jahr 2024. Zwar habe die Behörde keine Marktkennzahlen zu den Bruttospielerträgen liefern können, doch liegen detaillierte Daten zu Spieleraktivitäten, Selbstsperren, Lizenzen, Kontrollen und verhängten Sanktionen vor. 

    So seien im Jahr 2024 193.342 neue Online-Spieler registriert worden. Ein besonders starker Anstieg mit 31.000 neuen Spielerkonten sei während der Fußball-EM verzeichnet worden. Die Zahl der langfristig aktiven Online-Spieler sei jedoch insgesamt stabil geblieben, während die Besuche landbasierter Spielstätten weiter leicht zurückgegangen seien.

    Was hingegen das Spielersperrsystem EPIS betreffe, so seien zum Jahresende 2024 insgesamt 56.458 Personen durch Selbstsperren registriert gewesen, was einen deutlichen Anstieg zum Vorjahr darstelle. Weitere 62.068 Personen seien aufgrund privater Schulden automatisch im Sperrregister geführt worden. 1.013 Personen hingegen seien aufgrund einer Fremdsperre dort eingetragen.

    Im Rahmen der Bekämpfung illegalen Glücksspiels habe die Behörde 2024 insgesamt 256 gezielte Überprüfungen durchgeführt, 72 Automaten und 48.000 € beschlagnahmt, 133 Sanktionen ausgesprochen und Bußgelder in Höhe von 4,6 Mio. € verhängt.

    Quellen: Jahresbericht 2024 der Glücksspielbehörde – FranzösischNiederländisch

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